Zbigniew Preisner Königskinder Schallplatten KK 003 47:47 Min. 20 Tracks
In Anonyma geht es um die Berliner Frauen, die allein zum Kriegsende den sowjetischen Besatzungstruppen gegenüber stehen, von ihnen systematisch vergewaltigt werden und ihre Strategien suchen, dem zu entgehen. Nicht gerade leichte Kost.
Preisner wählt hierfür einen Ansatz, bei dem man sich gewissermaßen allein gelassen vorkommt. Allein gelassen deswegen, weil seine Komposition ein ausgeprägtes Gefühl der Einsamkeit bewirkt. Und wahrscheinlich ist das genau der Effekt, den Preisner erzielen will, denn es spiegelt die Verlorenheit wieder, mit der die Frauen in Berlin zu kämpfen haben.
Erzielt wird dieser Effekt dadurch, dass Preisner seinen phrasen- oder besser fragmenthaften Kompositionsstil voll auslebt. Er setzt einzelne Melodiefragmente ein, zwischen denen jeweils eine kurze Pause von wenigen Takten ist. Was seit jeher Preisners musikalische Sprache ist, treibt er hier bewusst auf die Spitze. In Kombination mit einem recht stark ausgeprägten, aber keineswegs aufdringlichen oder vordergründigen Nachhalleffekt (als würde eine einzelne Violine in einer verlassenen Halle spielen) und einer kleinen, intimen Besetzung wird das Einsamkeitsgefühl perfekt.
Ein einziges Thema allerdings hat Preisner komponiert, das gegen diese Einsamkeit und Verlorenheit anzukämpfen scheint. Es erklingt erstmals in „In The Gates Of Hell“ und wird in leichten Variationen des öfteren wiederholt. Es ist ein melodramatisches, entfernt an Philip Glass erinnerndes Klavierthema, das von einem treibenden Streicherrhythmus getragen wird. Ab und zu taucht auch besagter Streicherrhythmus ohne das Klavierthema auf, als wolle das Thema ansetzen, die Einsamkeit zu durchbrechen, es aber nicht schafft und wieder zurückfällt. Anschließend steht fast immer wieder das Gefühl der Verlorenheit. Nur nicht am Ende, da scheint die Hoffnung zu siegen.
Für den gewünschten psychologischen Effekt funktioniert die Musik ganz hervorragend. Allerdings kommt aufgrund der Fragmenthaftigkeit nur ein recht zähes Hörerlebnis zustande. So wird das Hören der CD das eine oder andere Mal ungewollt zur Geduldsprobe. Deshalb fällt auch die Wertung nicht höher aus.
Klaus, 1.3.2009
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