A PRIVATE WAR ist ein schwieriger Film. Nicht nur weil er die Thematik Krieg mit Journalismus verbindet, sondern weil er mit der Kriegsreporterin Marie Colvin eine starke Frau beschreibt, die mit den Erlebnissen nicht mehr fertig wird, sich in den Alkohol stürzt um zu Vergessen und zu Verarbeiten. Colvin war für ihre Reportagen bekannt, die ungeschönt und unbeeinflusst von politischen Zwängen waren (embedded journalism war ihr ein Graus) und in deren Mittelpunkt die wahren Opfer des Kriegs gezeigt wurden: Die Zivilisten und deren schwächste Glieder, die Kinder.
Mit einer ihrer besten Darstellungen seit geraumer Zeit zeigt Rosamund Pike die mutige und gleichzeitig an ihren Ansprüchen zerbrechende Korrespondentin. Ich habe Pike in HOSTILES und 7 DAYS IN ENTEBBE zuletzt kritisiert, doch in A PRIVATE WAR spielt sie grossartig auf. Unbedingt erwähnt werden soll auch Tom Hollander (THE NIGHT MANAGER) in einer feinen Rolle als Zeitungseditor. Und wiederum darf man die Frage stellen, wie ums Himmels Willen es angehen kann, dass Pike für diese Rolle nicht für den nach wie vor wichtigsten aller Filmpreise nominiert war (doch davon kann Toni Colette, HEREDITARY, ein Liedchen trällern), wie überhaupt dieser Film bei der diesjährigen Verleihung übergangen werden konnte? Er fiel zweifellos in eine Zeit, in der die Thematiken LGBT und wöchentliche Anschuldigungen um Missbrauchsvorwürfe in der Politik und im Filmgeschäft, Dieselskandal, Plastikstrohhalme und BLACK PANTHER schwerer wiegen als die Auslöschung einer ganzen Stadt in Syrien. Alles wichtige Themen (naja, ausser dem schwarzen Kätzchen…), unbestritten, aber die Verhältnismässigkeit sollte auch in der Zeit von social medias und Sommerlöchern gewahrt werden.
A PRIVATE WAR von Dokumentarfilmer Matthew Heineman ist ein wichtiger Film über Journalismus, Menschlichkeit, Wahrheit, Beweggründe und Abgründe, die grausame Seite der Menschheit über eine Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten aufzeigend, in der wir nichts dazu gelernt zu scheinen haben, und über eine Frau, die sich immer wieder dazu aufrafft darüber zu berichten. Marie Colvin starb 2012 in der völlig zerbombten Stadt Homs als sie darüber berichtete, wie Machthaber al-Assad entgegen seiner Aussagen auch die Zivilbevölkerung unter Beschuss genommen hat.
Scott Salinas’ Musik nimmt im Film nicht unberechtigterweise eine untergeordnete, oft auch als sound design amtierende Rolle ein und also ist sie als CD eher schwierig zu geniessen. Umso unverständlicher ist die Einordnung des Annie Lennox Songs über den Schlusstiteln, der eindeutiger Stellung bezieht als Salinas Score. Das ist ein wenig inkonsequent.
Phil, 22.3.2019
A PRIVATE WAR
R: Matthew Heineman
D: Rosamund Pike, Tom Hollander, Jamie Dornan u.a.
Musik: Scott Salinas
Verleih: Ascot Elite
Erscheinungsdatum: 13.3.2019