Es war die erste richtig grosse Superhelden- und Comicswelle, die 1989 mit dem Riesenhype um BATMAN ausgelöst wurde. Dieser Hype war zeitweilen so gross, dass sich der ein und andere gar nicht mehr ins Kino bewegen wollte. Logos, Songs, Spielzeug, alles wurde einem an beinahe jeder Strassenecke quasi in die Augen gestossen. Das hinderte den Tim Burton Film allerdings nicht daran zum Hit zu werden und sich lange der Glauben festigte, die Musik dazu stamme von Prince. Nur wir Filmmusikhörer waren uns natürlich bewusst, es war dieser neue Name, Danny Elfman, der den dunklen Ritter auf seinen ersten Abenteuern begleitete. Knapp ein Jahr später stand für Elfman ein weiterer «Superheld» auf dem Programm: DARKMAN unter der Regie des damaligen Horrorspezialisten Sam Raimi (EVIL DEAD), der auch die Kurzgeschichte und den Charakter entwickelte. Zuvor scheiterte Raimi daran die Rechte für BATMAN und THE SHADOW zu erhalten. Sein visueller Stil bei DARKMAN stiess beim Studio auf einige Hürden und Raimi musste den ein und anderen Kompromiss eingehen, immerhin wurde sein Budget verdoppelt. Fern von den Einnahmen, die Tim Burtons Saga reinholte, spielte DARKMAN dennoch anständige 50 Mio. $ weltweit ein. Raimi sollte 10 Jahre später mit der ersten anständigen Verfilmung von SPIDER-MAN einen Tophit landen, Liam Neeson spielte 3 Jahre nach DARKMAN in SCHINDLER’S LIST und Elfman hatte 1990 mit DICK TRACY einen weiteren Genrefilm und mit EDWARD SCISSORHANDS einen bei Fans mit am meisten geliebten Scores fertiggestellt.
Liam Neeson spielt einen Wissenschaftler, der der Herstellung künstliche Haut zu produzieren auf dem Weg ist. Diese bleibt jedoch nur während 99 Minuten stabil ehe sie zerfällt. Seine Freundin (Frances McDormand) ist Anwältin und hat einige wichtige Dokumente liegen gelassen, weshalb fiese Gangster Dr. Westlake und sein Labor dem Erdboden gleich machen. Westlake wird dabei zur Unkenntlichkeit verbrannt, sein Schmerzzentrum in einer OP ausgeschaltet, damit er die schweren Verbrennungen erdulden kann – und Westlake sinnt auf Rache. Mit Hilfe seines Projekts, das er retten konnte, kann er in «jede Haut fahren» und nimmt seine Peiniger aufs Korn.
Elfmans Musik dreht sich, ich spreche hier von CD 2, um sein DARKMAN-Thema, das in «Main Titles» auftaucht. Dem voran gehen die Stücke «Intro/Three Fingers» und «Snip, Snip, Snip» und so taucht das Vier-Noten-Thema erst mit etwas Verspätung auf, allerdings noch sehr beherrscht, ja fast unterdrückt. Von diesem Thema leitet Elfman häufige Variationen, Anspielungen und Kurzmotive ab.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Zerrissenheit von Westlake/Darkman ist auch im unverhohlen emotionalen, fast überbordenden Liebesthema zu hören («Marry Me», «Love Theme»). Das hat Bernard Herrmann Qualitäten, durchaus VERTIGO andeutend – Elfmans Liebe zu Herrmanns Musik ist bekannt.
Mit Klavier, Celesta und Harfe (öfters auch nur diese benutzend) schafft Elfman eine Art tickende Uhr, den DARKMAN mahnend, dass er jeweils nur eine gewisse Zeit mit seiner neuen Haut, «One Hundred Minutes», hat. Die Actionpassagen in «Yakitito/The Big Bang» lassen ähnliche Formate für MISSION: IMPOSSIBLE vorausahnen. Nebst Kontrafagott und Bassklarinetten, um dem tiefen Register noch mehr Raum zu geben, verwendet Elfman auch einen Chor («Hospital», «Rage») und eine Orgel, so im toll gemachten «Woe, the Darkman…Woe». Den Fiesling Stark hat Elfman in «The Model» eingebaut, in «Waltz/Rage/First Blood» lässt er Julie und Westlakes Liebesthema in einen Walzer fliessen, als der Stark Julie in den Armen hält und Darkmans Eifersuchts- und Rachegefühle anwachsen. «Creating Pauley» ist ein ausgeprägt typisches Danny Elfman Stück mit den Harfenostinati in Abwechslung mit den tiefen Klängen von Bassklarinette, Fagotten, Tuba, Klavier etc., zweifellos auch Elfman pur ist das wilde «Carnival from Hell».
«The Plot Unfolds» präsentiert die ausgiebigste und bittersüsseste, täuschende Form des Liebesthemas. Die 74 Minuten Version hat aber durchaus auch den ein oder anderen Hänger, das soll hier nicht unerwähnt bleiben, so mit Spannungsstücken wie «False Durant» und «Durant Stinger».
Viel Perkussion ist durchwegs zu hören, insbesondere jedoch in der Eröffnung von «Chopper Spree». Es folgen weitere tolle Actioner wie «Shake Him» oder «High Steel» mit Blech auf Volldampf und massig Perkussion.
DARKMAN und BATMAN kann man durchaus vergleichen, auch wenn Raimi Elfman erstaunlich viel Platz für die Musik einräumte. Beide Scores haben je nach Lust und Laune ihre Vorzüge. DARKMAN ist der traurigere, melancholischere Score als der düstere, aber heldenhaftere BATMAN, bestens zu hören in «Finale» (ehe die charakteristischen «End Credits» erklingen).
Tatsächlich plante man eine Fortsetzung mit Bruce Campbell, Raimis erste Wahl für die Rolle als DARKMAN, aber daraus wurde nichts. Es gab schliesslich doch noch zwei Fortsetzung, direct-to-video, bei denen Sam Raimi noch als «Executive Producer», aber auch nicht mehr, fungierte.
Die 1990er MCA Scheibe, die auch noch als LP erschien und so in meinem Regal steht, hatte eine Länge von 40 Minuten. Dieses Programm befindet sich auf CD 1 der La-La Land Veröffentlichung, während der Score mit 74 Minuten auf CD 2 vertreten ist (plus ein Bonustrack von knapp 3 Minuten). Besonders hervorzuheben sind Daniel Schweigers unterhaltsame und sehr informative Liner Notes.
Phil 6.3.2020
DARKMAN
(30th Anniversary Collection)
Danny Elfman
La-La Land Records
117:15 Min (2 CDs)
45 Tracks
Limitiert auf 3000 Stück