Shazam!

Bei der Fülle an Superheldenfilmen ist es kein Wunder, dass man desöfteren das Gefühl hat, der eine kommt, der andere geht und schon ist der nächste Film da. Nicht nur mir dürfte das so gehen, so auch im Falle von SHAZAM! Dieses Mal hat aber der Marvel Konkurrent DC Schuld. Diese flockig leichte Supikomödie ist nett anzuschauen, aber 3 Wochen später bleibt nur noch: Kid findet ein Zuhause und wird von einem Zauberer zum Superhelden gemacht, der mit mehr Glück als Verstand sein Tun verrichtet. Das spezielle hier ist also das Kind im (ausgewachsenen) Helden, das für etwas Frische am zügig unorigineller werdenden Comicfirmament sorgt. Ansonsten ist alles wie gehabt, einige Gags zünden allerdings wirklich und so bleibt der Film von David F. Sandberg eine unterhaltsam unschuldige Angelegenheit.

Für die Musik wurde der Engländer Benjamin Wallfisch geholt, der, das weiss ich erst seit kurzem, als Dirigent klassischer Musik recht hohes Ansehen geniesst. Wallfisch hat mich filmmusikalisch bisher nicht wirklich packen können, auch wenn Teile von IT! und BLADE RUNNER 2049 nicht übel waren. Ein kleines Ausrufezeichen jedoch ist Wallfischs traditioneller daherkommende Musik zu SHAZAM!

Das beginnt gleich mit «SHAZAM!», einer prächtigen Titelmusik, die sicherlich im besten Sinne mit dem Williams-Universum in Verbindung gebracht werden darf. Stark was Wallfisch hier macht und hört hin, junge Generation der Filmmusiker (und Hörer), es geht doch noch! Grosses Filmmusikkino Herr Wallfisch!

Für die Umgebung, in der der Protagonist schliesslich mit dem «Zauber des Superhelden» ausgestattet wird, setzt der Komponist einen Chor ein («The Counsel of Wizards»). Nur selten nostalgisch wird es mit Klavier und Streichern in Stücken wie «Compass» und «I’m Home». Kurze elektronische Beigaben sind in «Subway Chase» zu hören. Einige der Spannungstracks in der Mitte des Scores hätten farbiger gestaltet sein dürfen, um sich voneinander abzuheben. Auch leidet die Musik etwas an dem zu viel ist zu viel Syndrom. Gerne hätte ich vom Hauptthema mehr gehört, Wallfisch spart es sich aber für den Beginn sowie für die letzten Tracks auf und lässt es erst mit Track 21 «Run!» wieder erklingen, nur um es danach sogleich mit einem Aufnahmeeffekt abzuwürgen. Hört man sich die Musik als reine Superhelden-Actionmusik an, ist hier einiges los, das durch den Gehörgang fegt und man gemahnt sich etwas an Alan Silvestris gelungene Auftritte bei Marvel. Handwerklich verdammt gut gemacht und es schreit nach: «Mehr davon bitte!»

Die CD ist mit 73 Minuten ausgefüllt, es hätte sogar ein bisschen weniger, sprich kompakter sein dürfen. Ist man aber gut aufgelegt und kann die Lautsprecher richtig dröhnen lassen, entwickelt SHAZAM! ohne Zweifel einiges an Dynamik.

Freunde der thematischeren, traditioneller gemachten Filmmusik dürften an diesem Benjamin Wallfisch Score möglicherweise ihren Gefallen finden und durchatmen, ja, es ist also auch heute noch machbar eine solche Musik abseits vom immer gleichen Sounddesign, atmosphärischen Elektronik- und Ersatzakustikscores, Minimotiven und haufenweise Filmmusiken ohne Identifikation zu schreiben. Erst recht, jawohl, für einen Blockbuster. Wallfisch hätte stellenweise eleganter schreiben, dann und wann weniger aufs Gas treten dürfen und orchestrieren können, auch er verfällt öfters in den durchgehenden Gebrauch des grossen Orchesters (The London Chambre Orchestra), das aber verflixt nochmals wirklich toll klingt auf dieser CD.

(und eine 4.5 fürs Hauptthema) Phil, 24.11.2019

SHAZAM!

Benjamin Wallfisch

Watertower Music

73 Min.
29 Tracks