SMALL SOLDIERS war die neunte Zusammenarbeit zwischen Jerry Goldsmith und Joe Dante (die Episode „Boo!“ aus AMAZING STORIES nicht zu vergessen), entstanden 1998, also nachdem Dante mit MATINEE einen veritablen Flop landete. SMALL SOLDIERS war in den Staaten gar erfolgreicher als GREMLINS 2, der in Europa allerdings sehr gut ankam und es war Dantes letzter Film, der an den Kinokassen nicht enttäuschte. Heute fristet der charismatische Filmemacher oft ein Dasein in äusserst mässigen TV-Serien wie der schrecklichen Neuauflage von HAWAII FIVE-O, SALEM oder MACGYVER, während seine letzten wirklich misslungenen Kinofilme THE HOLE und BURYING THE EX kaum jemand gesehen hat.
Zu SMALL SOLDIERS erschien damals eine mit 30 Minuten viel zu kurze und einige wichtige Bestandteile auslassende Varèse Sarabande CD (gleichzeitig erschien eine Dreamworks Disc mit Songs, die teils im Film gar keine Rolle spielten). Grossartig, dass nun, 20 Jahre danach, eine 77 Minuten CD im Clubprogramm von Varèse erschienen ist. Abzüglich der sechs „additional music“ Stücke sind es nun satte 70 Minuten Filmmusik, die wir zu hören bekommen, nach Adam Riese also 40 Minuten mehr, womit sich die Frage auch erübrigt, ob denn diese Version auch wirklich mehr bieten würde. Natürlich tut sie das.
Gestartet wird der Score mit dem militärischen (dieses Wort wird noch einige Male Verwendung finden) „Globotech“, das für die Firma steht, die die Commando Elite und die Gargonites, (Actionspielzeugfiguren mit einem nicht ganz so vorgesehenen Eigenleben) produzieren. Für die angriffslustigen Commando Elite um Chip Hazard, für den die Gegenspieler, die gutmütigen Gargonites, nur Abschaum sind, greift Goldsmith wiederum auf Snares zurück, das Thema selber wird oft von einer E-Gitarre gespielt. Nebst diesem Gitarrenmotiv kam Goldsmith Joe Dantes Wunsch nach die Commandos mit einem sogenannten Traditional, in diesem Falle „When Johnny Comes Marching Home“, zu unterstützen, meist erklingen beide Themen gar miteinander und auch dieses wird von einer elektrischen Gitarre intoniert.
Den friedfertigen Gorgonites stellt Goldsmith ein oft von Holzbläsern (Oboe) gespieltes, sanftes Thema zur Seite, im Falle von „Alan and Archer“ auch in Verbindung mit einem Statement, das auf die fantastische Situation Bezug nimmt, als Alan das Eigenleben der Figuren entdeckt. Hier ist ein wenig TWILIGHT ZONE-THE MOVIE, insbesondere aus dem Joe Dante Segment, herauszuhören. Finden die Gargonites schliesslich den Mut gegen die fiesen Commandos in den Kampf zu ziehen, entwickelt Goldsmith für sie einen schrullig anmutenden Marsch für Claves, Holzbläser, gestopfte Trompeten und Posaune sowie Synthesizer („Team Gorgonite“, kurz angetönt zuvor in „Roll Call“).
„Alan’s Town“ ist ein typisches Goldsmith Stück für Klein- bzw. Vorstädte und als Einführung für den Rad fahrenden Protagonisten (Alan) gedacht, ähnlich wie wir dies zum Beispiel aus POLTERGEIST, GREMLINS oder THE ‹BURBS kennen. Variiert wird dieses verspielte Motiv in Stücken, in denen die Hauptfigur Alan, gespielt von Gregory Smith, ins Bild gerückt wird, so zu Beginn von „Roll Call“. Dieser Track ist einer der komplexesten der ersten Hälfte mit Momenten, die sogar an STAR TREK-THE MOTION PICTURE erinnern. Spannungsstücke wie in „The Boxes/Off the Truck“ sind mit viel Elektronik, tiefen Klavieranschlägen über pizzicato Bässen, oft das militärische Motiv verhalten wiedergebend, gestaltet, in diesem Track nur durchbrochen vom kräftigen Einschub des Commando Motivs.
Weitere Bestandteile sind Goldsmiths Herangehensweise an „The New Army“, die aus Gwendy Dolls, die Barbies in Joe Dantes Welt, besteht. Hier sind zuerst unverhohlen heisse, verführerisch anmutende Jazzklänge zu hören, während Goldsmith kurz darauf in „Bombshelley“ gar Franz Waxmans BRIDE OF FRANKENSTEIN zitiert (für eine Szene in der den „Püppchen“ von Chip Hazards Leuten ein Chip implementiert wird um sie „zum Leben“ zu erwecken). Im Film und für Alan eine wichtige Rolle spielt Christy (Kirsten Dunst), in die Alan verknallt ist. Das Liebesthema ist in „ Almost Gold“ und ganz kurz, dafür umso augenfälliger, in „This is Fun“ zu hören. Zu guter Letzt zitiert Goldsmith auch noch Wagners „Walkürenritt“, wahrscheinlich ist auch diese Idee auf Joe Dante zurückzuführen.
Viel also packt Goldsmith in seinen SMALL SOLDIERS Score (man achte auch auf den kurzen, schrägen Rag, den er in „Fire in the Hole“ platziert) und das zahlt sich insbesondere in der zweiten Hälfte aus, hier wo die Action und die Geschehnisse sich mehr und mehr zuspitzen, die Themen und Motive zusammenfinden, bis hin zum unvermeidlichen Finale in „Off to Gorgon“, in dem Goldsmith sich von seiner unverhohlen romantischen Seite zeigt.
Wer immer schon Spass und Gefallen Goldsmiths Verwendung militärischer Idiome – und das tat er von MORITURI, den Generälen PATTON und MACARTHUR und anderen „Kriegsfilmen“ bis hin zu Actionreissern wie der RAMBO Trilogie, AIR FORCE ONE oder EXECUTIVE DECISION, ja sogar in Dantes THE ‹BURBS viele Male in seiner langen Karriere, der wird an SMALL SOLDIERS sicherlich seine Freude haben. Zweifellos sollte man aber einen Zugang zu den anderen Goldsmith Musiken zu Joe Dante Filmen haben, schliesslich haben sich hier zwei gefunden, die sich auf einer durchaus mit viel Schalk angereicherten Art und Weise ideal ergänzten – und dass Goldsmith an der Zusammenarbeit mit Dante sichtlich und hörbar Spass hatte, ist von „It’s a Good Life“ (TWILIGHT ZONE-THE MOVIE) bis LOONEY TUNES: BACK IN ACTION zu hören. Nicht alle sind sie grossartige Werke geworden (MATINEE und die eben erwähnte Live Action/Animations Klamotte mit Brendan Fraser und Jenna Elfman gehören eher nicht dazu, wobei der John Goodman Film durchaus seine Reize hat), doch ist während diesen 20 Jahren ein von beiden geschätztes und für uns Fans unvergessliches Komponisten/Filmemacher Teamwork entstanden.
Phil, 18.7.2018
SMALL SOLDIERS The Deluxe Edition Jerry Goldsmith Varèse Sarabande Club 77 Min. / 36 Tracks Limitiert auf 3000 Stück