Nach dem grossen Erfolg mit HONEY I SHRUNK THE KIDS verwunderte es nicht, dass Disney nachlegen würde und der Familie Szalinski um Rick Moranis eine weitere Chance geben würde ins Chaos zu geraten. Das passiert als der kleine Adam in Waynes Labor in die Erfindung gerät, die einst die Szalinksi Kids geschrumpft hat. Dieses Mal jedoch passiert das Gegenteil und so wird aus Klein-Adam, gerade zwei Jahre alt, ein Riesenbaby, das Las Vegas beinahe in Schutt und Asche legt. Während James Horner für Joe Johnstons Verkleinerungsabenteuer tätig war, übernahm Bruce Broughton die Aufgabe die Fortsetzung von Randal Kleiser (GREASE, THE BLUE LAGOON) zu untermalen, notabene in einer Phase, in der er mit den TINY TOONS für teils aberwitzige Musiken besorgt und nach THE RESCUERS DOWN UNDER (1990) bei Disney einen Drei-Filme-Deal startete. HONEY I BLEW UP THE KID kam also durchaus gelegen und Broughton hatte, das ist in seiner Musik zu hören, sichtlich Spass an der Sache. Das gibt er auf jeden Fall weiter an den Hörer, den hier eine witzige und verdammt gut gemachte Filmmusik erwartet.
HONEY I BLEW UP THE KID kam bei weitem nicht an den Grosserfolg von SHRUNK THE KIDS heran, es kam gar noch schlimmer: Disney fand sich in einem Gerichtsprozess und musste dafür blechen, so das Urteil des Gerichts, die Idee ein Kleinkind, das durch einen Unfall ständig an Grösse zunimmt und Amok läuft, geklaut zu haben.
Doch kehren wir zurück zum erfreulicheren Teil, Broughtons Musik. Diese startet auf der CD mit seinem Score zum Animationskurzfilm OFF HIS ROCKERS, der vor HONEY im Programm lief. Die Mischung aus Broughtons Americana (gleich mit der Eröffnungs-Klarinette zu hören), Wild West Musik und cartoonesquen, kurzen Einschüben ist spassig gemacht, wenn auch eben sehr kurz, und erfährt hier ihre CD-Premiere.
HONEY I BLEW UP THE KID startet mit dem „Main Title“ und dem Hauptthema gespielt von der Saxofon- (Sopran bis Bariton) und Holzbläsersektion. Variation erreicht Broughton überwiegend mit der verspielten, abwechslungsreichen Orchestrierung. Mal ist es eine Klarinette, mal ein Fagott (von denen es deren drei gibt), dann grätscht hier eine Bassklarinette, da die Tuba dazwischen. Das Hauptthema ist Haupt und Angelpunkt der Musik um das sich alles dreht und auf das Broughton immer wieder zurückgreift. Furios, gedämpft, adagio, dann wieder total verrückt, angereichert mit perkussiven Gags à la Carl Stalling oder in einem ungeheuren Tempo gespielt. Kaum spielbar teilweise, so dass sich ein Streicher während den Aufnahmen bei Broughton meldete und ihn wissen liess, ob ihm klar sei, diese Sektion hier sei schlicht nicht spielbar? Doch Broughton wollte die Energie und er wollte den „Terror“, den die Musiker einfliessen liessen, eben gerade weil gewisse Takte kaum hinzukriegen waren. Einer der angesprochenen Tracks ist „Car Flight“, aber auch im kurzen „Don’t Touch that Switch“ wird einem fast schwindlig. „Hätten wir mehrmals geprobt, wir hätten es hinbekommen, aber das war nicht was ich wollte!“ Und er schliesst damit: „In diesem Film funktionierte die Angst des Musikers vor dem Spielen, denn es verwandelte sich in extrem viel Energie“. Energie ist absolut zutreffend für diese Musik, in dem die Noten teilweise nur so fliegen, sei es bei den Saxofonen, den Blechbläsern, den Streichern bis hin zur grossen Perkussionsektion.
Ein zweites gewichtiges Thema von HONEY I BLEW THE KID ist das „Schlaflied“, (eingangs „To the Lab“, „Us Guys“), das Wayne dem kleinen und schliesslich riesigen Adam vorsingt und das Broughton immer wieder, kürzer oder länger, einfliessen lässt bis es in das emotionale „Look at that Mother!“ mündet . Gespielt von Keyboard, Gitarre, Celesta („Sneaking Out“) oder Klarinette, auch mit dem „Wiegenlied“ bewegt sich Broughton kreuz und quer durch das Orchester.
Ein weiteres Motiv ist für Wayne und seine Familie, die Szalinski reserviert, so zu hören zu Beginn von „How’d She Take it?“. Weitere kleinere Ideen und Motive tauchen immer wieder auf, klug eingebettet mit viel Verve und Spass an der Sache (wenn Broughton sein „Glacéwagen“ Stückchen nimmt und in einen währschaften Marsch umsetzt, huscht auch beim Zuhören ein Lächeln übers Gesicht: „Ice Cream!“), das ist dem Score stets anzuhören, hebt BLEW THE KID von vielen ähnlich gelagerten Romp und Slapstickmusiken ab und stellt Broughtons Arbeit auf eine Ebene mit Goldsmiths DENNIS THE MENACE oder John Williams› HOME ALONE. Ein prächtiges furioso an Ideen, Schalk, Fun auf höchstem Niveau, das er zwei Jahre später mit BABY’S DAY OUT abermals anpackte.
Die zum Zeitpunkt des Films ebenfalls bei Intrada erschienene CD bot rund 40 Minuten Musik und war schon saumässig gut Anzuhören. Die rund 55 Minuten (abzüglich des Intros mit OFF HIS ROCKERS und ohne die Extras, zum Grossteil sehr kurze Stücke, die dem Hörfluss eher geschadet hätten und die Douglass Fake und sein Team klugerweise gesondert programmiert hat) setzen dem Ganzen noch eins drauf: Rein in den CD-Player, aufdrehen, anschnallen, geniessen!
HONEY, I BLEW UP THE KID Bruce Broughton Intrada Special Collection 385 69:34 Min. / 41 Tracks
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