Trotz zugkräftiger Schauspieler wie Franco Nero, Anthony Quinn, Christopher Lee, Martin Balsam, Sybil Danning, Eli Wallach und Claudia Cardinale legte der konfuse Euro-Thriller The Salamander ‒ nach einem Roman von Morris L. West (The Shoes of the Fisherman) ‒ eine Bruchlandung hin und ist daher heutzutage ziemlich in Vergessenheit geraten.
Um der Musik von Jerry Goldsmith, die einmal mehr einem weitaus besseren Film anzugehören scheint, das gleiche Schicksal zu ersparen, blieb, da die in Rom entstandenen Aufnahmen als verschollen gelten, nur eine Möglichkeit: den kompletten Score neu aufzunehmen. Und der liegt nun nach Hour of the Gunals zweite Veröffentlichung in der Reihe mit Goldsmith-Rerecordings von Prometheus/Tadlow vor.
Da nebst den Aufnahmen auch die Partituren nicht mehr verfügbar sind, wurde Leigh Phillipps hinzugezogen, der schon einige Erfahrung auf dem Gebiet der Rekonstruktion von Filmmusik per Gehör aufweisen kann. Er machte nicht nur diesbezüglich einen hervorragenden Job, sondern gesellte sich darüber hinaus zum Prager Sinfonieorchester, um mit «Additional Vintage Keyboards» die erforderliche Elektronik gleich selbst einzubringen. Er tut dies jedoch sehr dezent, denn wenn man es nicht wüsste, würde man auf einen rein orchestralen Score tippen.
Goldsmith verwendet hauptsächlich drei Elemente: ein Viernoten-Motiv und eine rhythmische Dreinoten-Figur, die kraftvoll und temporeich die Musik vorantreiben, sowie ein zur Schwermut neigendes Liebesthema. Das Viernoten-Motiv soll laut Booklet-Autor Frank K. DeWald während des gesamten Scores in verschiedenen Umsetzungen über 180 mal vorkommen, davon 29 mal allein in den Main Titles.Wer Action und Dramatik eines Capricorn One, Alien, The Omen oder Planet of the Apes schätzt (und welcher Goldsmith-Fan tut das nicht?), der wird von The Salamander mehr als verwöhnt.
Funaral: Requiem for a General ‒ der einzige Track mit Chor ‒ lehnt sich zwar nicht nur textlich, sondern auch melodisch an Lacrimosa aus Mozarts Requieman, aber Goldsmiths Handschrift zeigt sich zum einen in einem Gegenthema für Trompete, zum andern mahnt der Chor gegen Ende immer mehr an den im gleichen Jahr erschienenen The Final Conflict. Nebst diesem bedeutenden Moment hält der Score auch andernorts trauernd inne, etwa in Steffi’s Dead / The Mortuary.
Der dramaturgische Höhepunkt findet sich in Torture / Death of the Surgeon, der mit elektronischen Herzschlägen beginnt, als der «Chirurg» (Bud-Spencer-look-alike Paul L. Smith) den Protagonisten Dante Matucci unter Drogen setzt, um ihn dann zu foltern. Die zunächst bizarre, wie aus einem Alptraum wirkende Musik wird zunehmend handfester, kommt es doch zum Kampf der beiden, bevor der Chirurg schliesslich sein Fett weg kriegt. Die Szene wirkt unfreiwillig komisch, aber das vergisst man dank Goldsmiths Meisterschaft beim Hören dieses Tracks sehr schnell.
Das delikate Liebesthema erscheint in vielerlei Form, erhält seine besondere Charakteristik aber vor allem durch das Akkordeon. Dafür besorgt, den raffinierten Mix aus Action, Thrill und Suspense mit genügend Gefühl anzureichern, hallt es noch lange nach seinem letzten Auftritt in den End Titlesnach und ist mit ein Grund, dass dieser doch ein wenig routinierte Score genügend Eigenständigkeit besitzt. Es dürften sich deshalb nicht nur Goldsmith-Komplettisten mit Vergnügen davon mitreissen lassen.
Als Bonus gibt es Konzertsuiten zu The Cassandra Crossing und Ransom, die ebenfalls von Leigh Phillips erstellt wurden. Als Hauptgrund dafür gibt Produzent James Fitzpatrick an, es handle sich hierbei um artverwandte Filme, die wie The Salamander nicht an die Qualität von Goldsmiths Musik herankämen. Da hat er natürlich recht, und die Suiten sind zudem ein kleines Trostpflaster dafür, dass die Originalaufnahmen dieser beiden Scores bisher noch in keiner ihrer Veröffentlichungen klanglich zu brillieren vermochten. Das macht diese Prometheus-CD noch ein kleines bisschen attraktiver, als sie ohnehin schon ist.
THE SALAMANDER Jerry Goldsmith Prometheus XPCD 174 57:18 Min. / 17 Tracks