Mit No God, No Master (2012) ist Regisseur Terry Green ein unterhaltsamer Politthriller gelungen, der die Geschichte der italienischen Immigranten Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti in den USA um 1919 erzählt. Sie gelangen ins Visier der Behörden, nachdem 1919 mehrere Paketbomben vor den Türen von Politikern und Geschäftsmännern detonieren und Tod und Unruhe mit sich bringen. Für die Filmmusik zeichnet der portugiesische Komponist Nuno Malo verantwortlich, dem mit den Filmmusiken zu Amália (2008) und Miel de naranjas (2012) sehr vielversprechende Arbeiten gelungen sind. Mit seiner vielschichtigen Komposition für No God, No Master demonstriert er erneut sehr grosses Geschick im Umgang mit dem Orchester und ein ausgeprägtes Gespür für eine dramatische musikalische Narration. Er liefert einen komplexen Orchester-Score der von den musikalischen Farben und von der „Schwere“ her an die Noir-Arbeiten von James Horner für All the King’s Men (2006) und Mark Isham für The Black Dahlia (2006) erinnert.
In den Opening Titles präsentiert Malo das Hauptthema des Scores. Dieses entpuppt sich zu einem raumfüllenden, dramatischen, bedrückenden Stück, das nach wiederholtem Hören einen eingängigen Charakter eröffnet. Nach den Opening Titles lässt Malo dieses Hauptthema immer wieder einfliessen, doch eher verhalten und fragmentarisch. In voller Wucht ist es erst wieder in The 10‘000 Immigrants Arrest und Nulus Deus, Nulus Dominus/Main Theme Reprise zu hören – zwei fantastische Kompositionen! Diese Opening Titles setzen den Ton für das ganze folgende Album und dieser ist fordernd, dramatisch und dunkel. Hiervon sollte man sich jedoch nicht verfrüht abschrecken lassen, denn No God, No Master hat unzählige Highlights zu bieten. Ein zweites folgt sogleich nach den Opening Titles mit dem Stück Bike Ride Through Little Italy, das mit einem tanzenden Rhythmus und einem wunderschönen Violinenthema betört, jedoch nur von kurzer Dauer ist. Einen ähnlich „freundlichen“ Charakter findet sich im Score erst mit dem Stück
Vanzetti Gives a Cat to the Little Boy wieder. Bereits mit dem dritten Stück, Bomb in the Church, holt Nuno Malo wieder zu dunklen, tiefen Tönen aus, begleitet von einem pochenden Rhythmus.
Während den folgenden Stücken gelingt es Nuno Malo, in dieses etablierte Musikuniversum mit Klavier-, Cello und Violinen-Soli Abwechslung und zuversichtlichere Momente hineinzubringen. Daraus entsteht eine fliessende, umspielende Klangwelt, die nicht von explosiver Action oder plötzlichen, überraschenden Bewegungen gebrochen wird (ausser vielleicht das Stück Memorial, Police Attack; das an sich jedoch auch sehr unterhaltsam ist). Über die ganze Laufzeit von 64 Minuten ist die Musik stimmungsvoll durchdacht und in der Farbgebung stets in sich kohärent. Die genannten Soli – wunderschön von Tina Guo auf Cello (u.a. Vanzetti’s Past und Another Bomb), Yue Deng auf der Violine (bspw. im verspielten Bike Ride Through Little Italy) und Ivana Grubelic Malos auf Klavier (u.a. in Three Friends und Sacco’s Dream) – sowie der Miteinbezug des Jubilate Girls Choir und den Sopransängern des Cantate Choir im letzten Viertel des Albums, sorgen dafür, dass das Album über die ganze Länge kurzweilig bleibt. Die Stücke mit dem Chor zusätzlich zum Orchester sorgen für ein sehr gelungenes Finale der sich stets steigernden, dramatischen Filmmusik. Catacomb of the Flower of Mankind und das Stücke Nulus Deus, Nulus Dominus sind fantastisch!
Die Filmmusik zu No God, No Master ist die bis dato eindrücklichste Arbeit von Nuno Malo und ein absolutes Highlight der Soundtrack-Veröffentlichungen von 2014. Sie ist aufgrund ihrer dunklen, tragischen Grundstimmung nicht ganz leicht zugänglich, doch besticht sie mit einer beachtlichen Bandbreite an Kompositionsstilen und einem tollen Wechselspiel zwischen Soli- und Tutti-Momenten. Diese Filmmusik kann wärmstens empfohlen werden und es bleibt zu hoffen, dass weitere Arbeiten von Nuno Malo bald folgen.
NO GOD, NO MASTER Nuno Malo Varèse Sarabande Club 64:12 Min./27 Tracks Limitiert auf 1000 Stück
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