Die ebenso eigenwillige wie überambitonierte Kölner Kriminaloberkommissarin Sophie Haas ‒ mit der wunderbaren Caroline Peters perfekt besetzt ‒ wird nach einem fragwürdigen Einsatz in die Provinz wegbefördert, und zwar ins verschlafene Eifel-Nest Hengasch, wo nicht nur die Uhren, sondern auch die Leute anders ticken.
Seit 2008 und in der mittlerweile dritten Staffel bietet diese Krimiserie beste Fernsehunterhaltung ‒ wenn man denn die Prämisse akzeptiert, dass in einer Gegend, wo höchstens mal ein Bagatellverbrechen geschah, nach Ankunft von Frau Haas Mord und Totschlag plötzlich an der Tagesordnung sind‒, indem sie sich mit liebevollem Humor dem oft verzwickten Alltag der weltgewandten und unkonventionellen Polizei-Chefin mit den mehr oder weniger verschrobenen Dorfbewohnern widmet, allen voran ihre Kollegen, die fesche und feinfühlige Polizeimeisterin Bärbel Schmied (Meike Droste) sowie Bjarne Mädel in einer weiteren Paraderolle als behäbiger Polizeiobermeister Dietmar «Bär» Schäffer, dessen Frau Heike aka «Muschi» (Petra Kleinert) noch den kleinsten Floh im Dorf husten hört.
Nebst den Schauspielern tragen auch Location und Soundtrack das ihrige zur skurrilen und liebenswerten Atmosphäre von Mord mit Aussicht bei. Letzterer stammt vom 1957 in Köln geborenen Andreas Schilling, der sich nebst Komponist auch als Kontrabassist und Arrangeur einen Namen gemacht hat.
Seine Musik zu Mord mit Aussicht zeichnet sich in erster Linie durch ihren träfen Humor aus, wie er gerade im Hauptthema sehr schön zum Ausdruck kommt: ländliche Gemütlichkeit (was würde sich hier besser eignen als möglichst «schwerfälliges» Blech wie Tuba, Posaune, Tenorhorn und Euphonium), für die für Sophie Haas fremdartig anmutenden Gepflogenheiten der Dorfgemeinschaft ein Zymbal und als Kontrast dazu ‒ sozusagen für den Kulturclash ‒ Gitarren, karibische Perkussion, Klavier, Trompete und Elektronik. Damit ist schon einiges gesagt über die Natur dieser Musik, aber Schilling verwendet noch ein paar andere Instrumente wie Saxophon, Klarinette, Geige, Bratsche und natürlich Kontrabass.
Wer die Laufzeit dieser CD mit der Anzahl Tracks vergleicht, der merkt schnell, dass es viele kurze Tracks geben muss, und dies ist in der Tat so. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen wohl um Stock-Cues verschiedenster Stimmung (oft via Hauptthema), aber obwohl dadurch nicht wirklich ein musikalischer Fluss entstehen kann, verfällt die Sache doch nicht in lose Einzelteile. Trotzdem empfehlen sich natürlich in erster Linie die längeren Tracks, wenn man denn programmieren möchte. Da wäre Titelmusik, die sich, um auf eine vernünftige Länge zu kommen, die Freiheit nimmt, das Hauptthema noch etwas verjazzt weiterzuführen. Diesem Beispiel folgen weitere Tracks wie etwa Alle Neune für Frau Ziegler! mit seinem Django-Reinhardt-Feeling, Regen, Dauerlauf oderDrogenpflanzen.
Zu den auffälligen, weil etwas aus dem Rahmen fallenden Tracks gehören ausserdem Verfolgungsjagd (wohl nur in Hengasch im Dreivierteltakt möglich), Verknallt mit romantischen Gitarren sowie Bär und Muschi sur la Seine und das etwas gar kurze Döner Kebab, die genau so klingen, wie man es sich anhand der Titel vorstellt.
Score-Veröffentlichungen zu deutschen Fernsehserien sind alles andere als eine Selbstverständlichkeit; dass es nun ausgerechnet zu Mord mit Aussicht eine gibt, ist umso erfreulicher. Schillings Musik dient als anschauliches Beispiel dafür, dass man durch viel Kreativität auch mit relativ bescheidenen Mitteln sehr effektiv sein kann. Fans der Serie werden sich diese CD nicht entgehen lassen, allen anderen empfehle ich zumindest ein wohlwollendes Reinhören.
MORD MIT AUSSICHT Andreas Schilling FastBreak Entertainment GmbH Best. Nr. 85358 56:33 / 40 Tracks
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