Man of Steel

Während den letzten sechs Monaten war der Hype um Zack Snyders Man of Steel (2013) unerträglich geworden. Hier ein neuer TV-Spot, da ein neuer Trailer, dort ein kurzer (erster) Film-Clip… stets begleitet von fiebrigen Diskussionen auf Foren und Blogs. Dasselbe kann auch zur völlig überhitzten Stimmung um Hans Zimmers Filmmusik geschrieben werden. Sobald ein neuer Musik-Clip online verfügbar war, entbrannten über diesen äusserst emotionale Diskussionen bis gar Streitgespräche. Diese wurden im Falle des Maintiltes.net-Forums so heftig und persönlich beleidigend, dass der Site-Administrator den „Hans Zimmer“-Thread gar schliessen musste (und bis dato ist überraschenderweise keine neue Zimmer-Diskussion eröffnet worden). Lächerlich!

Nun sind die ersten Filmkritiken veröffentlicht worden und wie sich herauszustellen scheint – surprise, surprise – war (auch) im Falle des Man of Steel-Blockbusters viel Lärm um eher wenig Qualität gemacht worden – bis dato hat der Film ernüchternde 57% auf RottenTomatoes.com erhalten. Und in Bezug auf die Filmmusik? Auch hier erwarten den Hörer kaum Überraschungen. Zimmer bewegt sich in seiner Comfort-Zone und kleidet den stählernen Superhelden in ein über weite Teile anonymes Action-Musik-Gewand ein, geschustert aus Schnittmustern seiner Arbeiten zu Inception (2010), den Dark Knight-Filmen (2008/2012) und etwas sakraleren Momenten ähnlich seinen Filmmusiken zu The Bible (2013) und besonders Angels & Demons (2009). Dies treibt seine Kritiker weiter in die Weissglut und lässt seine Fans erneut himmelhoch jauchzend in Lobhudelei ausbrechen. Beide Haltungen scheinen nicht angebracht.

Hans Zimmers Musik zu Man of Steel darf durchaus befremden. Wieso bewegt sie sich so nahe an früheren Arbeiten Zimmers, wo die Filme doch durchaus verschieden sind? Wo ist die „completely different direction“ von der Zimmer in einem jüngsten Making-of-the-Score-Videobeitrag spricht (zu finden via FilmMusicReporter.com)? Wo ist der „vermehrte Spass“ gegenüber seiner Dark Knight-Musik zu hören, den Zimmer in einem frühen Interview in Aussicht stellte? Man of Steel ist allem voran dunkle Ambient-Filmmusik geworden, die sich über weite Strecken der Action und dem Bombast verschreibt und dominiert von repetitiven Figuren auf Trommeln und Schlagzeug, Blech und Elektronik (unter-)kühl(t), ernst und meist gar trist daher kommt. In dieser einseitigen Stimmungslage wurzelt der Hauptgrund für die Ernüchterung gegenüber der Musik zu Man of Steel, wird man das Gefühl doch nicht los, dass der Film durchaus Anlass zu mehr musikalischer Finesse geboten hätte (ob dies die Produzenten jedoch überhaupt gewünscht hätten, muss an dieser Stelle offen gelassen werden). So wird abgesehen vom Superman-Thema weder der Bösewicht Zod, noch Clarks tragische Kindheit, noch seine erdfremde Herkunft, noch der Charakter von Lois Lane mit einer eingängigen, originellen, prägnanten Musikidee bedacht. Die entsprechenden Filmsequenzen werden musikalisch lediglich mal melancholischer, mal noch düsterer eingefärbt. Damit ist die Musik zu Man of Steel wenig facettenreich geworden, womit die knapp zweistündige 2-Disc-Albumpräsentation besonders fragwürdig wird. Für ein zweistündiges Hörerlebnis hat Zimmers Musik einfach nicht ausreichend Abwechslung zu bieten und etliche Spielminuten sind mit kaum interessantem Ambient-Sound belegt, die teils gar mit störenden Soundeffekten angereichert wurden (besonders die Tracks „Are You Listening, Clark?“, „General Zod“, „This is Madness“ und „Arcade“).

Mit dem Trimmen der Spielzeit kann das Hörerlebnis denn auch etwas kurzweiliger ausgestaltet werden. Während die Filmmusik besonders zu Beginn grosse Schwierigkeiten hat, in die Gänge zu kommen, wird sie gegen Ende der ersten CD durchaus mitreissender. So ist es absolut ausreichend, wenn man sich die Stücke „Goodbye My Son“, „Krypton’s Last“, „Ignition“, „This is Clark Kent“ und „What Are You Going to Do When You Are not Saving the World?“ programmiert. Mit dieser Auswahl hat man die tragenden Ideen Zimmers für Man of Steel eigentlich innerhalb von gut 14 Minuten gehört. In „Goodbye My Son“ bietet Hilda Örvarsdóttir melancholisch-traurigen Gesang für einen wohl bewegend-pathetischen Abschied zwischen der Figur von Russel Crowe und seinem Sohn Superman/Clark Kent, gespielt von Henry Cavill. In „Krypton’s Last“ erklingt ein schönes Violinen-Solo von Ann Marie Calhoun und in „Ignition“ darf das im Booklet prominent aufgeführte Drum Orchestra mal so richtig auf den Putz hauen. „This is Clark Kent“ lässt eine melancholische Version des Hauptthemas auf Solo-Klavier erklingen, während dann der Schlusstrack der ersten CD das Hauptthema in wirklich mitreissender, voller Wucht ertönen lässt. Diese 14 Minuten vermögen durchaus zu unterhalten, wobei es wie erwähnt an der Originalität mangelt – der mit Zimmers Schaffen vertraute Hörer wird regelmässig an die oben genannten früheren Werke des Komponisten erinnert werden.

Abschliessend muss leider festgehalten werden, dass Man of Steel dem Hype nicht annähernd gerecht wird und damit enttäuscht. Dass man für Snyders Superman-Film keine Musik im Stile des gefeierten Klassikers von John Williams von 1978 schreiben kann, ist klar. Doch dass die Musik dermassen eindimensional, kühl und oftmals austauschbar gestaltet wurde, frustriert dennoch ordentlich. Zudem muss wohl selbst der hartgesottenste Zimmer-Fan die zweistündige Musikpräsentation massiv kürzen, um eine kurzweiligere Essenz zu erhalten.

Es bleibt zu hoffen, dass sich in Zukunft der Hans Zimmer wieder vermehrt zeigt, der gelungene Filmmusiken für Pirates of the Caribbean: At World’s End (2007), den Kung Fu Panda-Filmen (2008 und 2011), Black Hawk Down(2001) und The Lion King (1994) geliefert und so berührend-komische Kompositionen wie As Good As it Gets (1997), Frost/Nixon (2008), The Last Samurai (2003) und Invicible (2001) geschrieben hat. Evtl. für The Lone Ranger (2013)? Die Hoffnung stirbt zuletzt…

Basil, 17.6.2013

 

MAN OF STEEL

Hans Zimmer

Sony Classical

24 Tracks / 118:22 Min.
2-CD Limited Deluxe Edition

 

 

 

 

 

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