Wer kennt die Geschichte von Mowgli und seinen Dschungel-Freunden und –Feinden Baloo, Baghira, Kaa, Shere Khan und King Louie nicht?!? Das Dschungelbuch ist Kult! Die Zeichentrickversion von Walt Disney aus dem Jahr 1967 schrieb Filmgeschichte und ist seither wohl aus niemandes Kindheitserinnerungen wegzudenken. Doch nicht nur die Geschichte erweist sich als äusserst langlebig, besonders auch die Musik von George Bruns und die Songs von Richard M. Sherman, Robert B. Sherman und Terry Gilkyson sind weltberühmt geworden und haben dem Dschungelbuch einen unverwechselbaren Stempel aufgedrückt. Songs wie The Bear Necessities, Trust in Me und I Wan’na Be Like You sind jedem ein Begriff und werden auch heute noch von Bands gecovert. Realverfilmungen dieses Stoffs von 1942 (Musik: Miklós Rósza), 1994 (Musik: Basil Poledouris), 1997 (Musik: John Scott) und 1998 (Musik. Robert Folk) sowie auch Disney’s eigene Fortsetzung, The Jungle Book 2 (2003; Musik: Joel McNeely, Paul Grabowsky, Lorraine Feather), vermochten nicht an den Erfolg der Animationsversion von 1967 anzuknüpfen. Jüngst wagte nun Regisseur Jon Favreau das Dschungelbuch-Remake-Abenteuer und seine Neuverfilmung mit ausgeklügelten Spezial- und 3-D-Effekten entzückte Kritiker und Publikum zugleich. Die Filmmusik schrieb Tausendsassa John Debney. Mit seinem stets funktionalen jedoch meist austauschbaren Kompositionsstil stellte sich bei diesem Engagement eher zurückhaltender Optimismus ein. Das Ergebnis ist jedoch eine spektakuläre Mischung aus neuen Ideen von Debney und perfekt eingepassten Zitaten der liebgewonnenen Melodien von Bruns, den Sherman-Brüdern und Gilkyson geworden – eigenständig und zeitgemäss und dennoch unverwechselbare Dschungelbuch-Musik. The Jungle Book (2016) ist Debneys beste Arbeit seit seinem Fan-Favoriten Cutthroat Island (1995).
Das Album wird eröffnet von zwei Neueinspielungen der Songs The Bear Necessities und Trust in Me (gesungen von Scarlett Johannson). Beide unverwechselbar und doch mit neuem, frischem Touch. Auch die Cover-Versionen von I Wan’na Be Like You (gesungen von Christopher Walken) und eine zweite Version von The Bear Necessities (kurrlig gesungen von u.a. Bill Murray), welche das Album abschliessen, sind unterhaltsam, doch die eigentliche Attraktion ist John Debneys Score zwischen den Songs. Dass er neben neuen Themen auch die bekannten Elemente des Disney-Klassikers in seine Musik einbindet, macht bereits das erste Orchesterstück deutlich: Main Titles – Jungle Run präsentiert zuerst die wunderbare Disney-Logo-Musik, gefolgt von einem 1:1-Zitat des George Bruns-Epiloges, bevor Debney mit viel Perkussion, rasanten Streicherbewegungen und kraftvollem Blech in den Jungle Run startet; ein exemplarischer Auftakt zur folgenden Mixtur aus Alt und Neu. Alle neuen Themen, welche Debney beisteuert, werden sogleich im zweiten Stück (Wolves – Law of the Jungle) dargeboten. Dabei hallt besonders das mal verträumt-harmonische, mal traurig-sehnsüchtige Thema für Mowgli und seine „Entfremdung“ gegenüber der Menschenwelt nach. Beide neuen Themen erhalten in den folgenden Stücken viele Darbietungen, womit sie sich ebenso im Ohr einnisten, wie die dort bereits fest verankerten Melodien aus dem Original. Die eingeflochtenen Instrumental-Statements von The Bear Necessities, Trust in Me und I Wan’na Be Like You bringen einem zum Schmunzeln und zum Träumen. Dabei sind besonders die epische Trust in Me-Version in The Red Flower, das mitreissende Necessities-Statement im kurzen Mowgli wins the Race und die Kombination des Wan’na Be Like You-Materials und brachialer Actionmusik in den Stücken Monkeys Kidnap Mowgli, Arrival at King Louie’s Temple und Cold Lair Chase zu nennen. Eher verblasst wirkt dagegen das Shere Khan-Material, welches primär gängigen Actionmusik-Leitlinien folgt – mit viel pompösem Chor, kräftigem Blech und harter Perkussion. Passend, jedoch schnell vergessen.
Für seine Musik zu The Jungle Book erntete John Debney seitens eingefleischter Filmmusik-Enthusiasten einmal mehr die Kritik, dass er oftmals zu stark Stilismen von Jerry Goldsmith, John Barry und James Newton Howard adaptiert. In Bezug auf die Choreinsätze würde ich gar noch eine teils grosse Ähnlichkeit zu Michael Giacchino dazu stellen, doch letzten Endes bleibt das Ergebnis enorm kurzweilig, mitreissend, schwelgerisch, kraftvoll und berührend zugleich. Was will man mehr?! Statt sich an diesen mal mehr, mal minder starken Anlehnungen aufzureiben und sich an der scheinbaren Wiederverwendung von Jerry Goldsmiths Star Trek: Voyager-Thema zu enervieren, sollte man viel eher in diese Musik eintauchen und sich mitreissen lassen. Die Gesamtpacket entzückt und lädt zu mehrmaligem Hören. Und: das Original von 1967 will man danach einfach auch gleich wieder mal Hören und Sehen. Auf geht‘s!
THE JUNGLE BOOK John Debney Walt Disney Record 74:07 Min. 24 Tracks
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