
Mike Figgis’ Film basiert auf dem Stück mit gleichem Namen von Terence Rattigan. Der Film spielt an einer englischen Schule und erzählt von einer Dreiecksbeziehung (unbeliebter vor dem Ruhestand stehender Griechisch und Latein-Lehrer – und dessen Freundschaft zu einem Schüler – sowie die attraktive Frau des Lehrers und der junge Liebhaber, einem Lehrer der Naturwissenschaften). Ridley Scott hat produziert, es spielen u.a. Albert Finney, Greta Scacchi, Matthew Modine, Julian Sands, Michael Gambon. THE BROWNING VERSION (1994) wurde wenig beachtet und fand weder in den USA noch in Europa ein Publikum.
Mark Isham schrieb 1994 satte sieben Filmmusiken, unter anderem zu NELL, TIMECOP, QUIZ SHOW und MRS. PARKER AND THE VICIOUS CIRCLE.
Der Score, eingespielt mit dem London Metropolitan Orchestra plus Chor und aufgenommen in den CTS Studios Wembley, einer der besten des Komponisten, war keine einfache Arbeit für Isham. Er berichtet, dass Figgis und Scott sich kaum je einig waren. Scott, der den Film eigentlich selbst inszenieren wollte aber keine Zeit fand, setzte sich meistens durch. Isham bekam das insoweit zu spüren, als er von vielen Tracks mehrere Versionen erstellen musste.
Trotzdem gelang ihm ein melancholischer, ergreifend schöner Score. Obwohl Isham im Grunde keinem der Protagonisten ein eigenes Thema zuordnen wollte, gibt es Musik, die zum Beispiel dem jungen Schüler Taplow zugeschrieben werden kann, meist vibn Streichern und Holzbläsern intoniert («Taplow», sinnigerweise) oder Andrew Harris’ Frau (Scacchi) in «Make Way for Mrs. Harris». Taplows Motiv ist denn auch in weiteren Tracks zu hören – und nicht immer sind sie mit Taplow assoziiert («The Agamemnon» mit auffallenden Snares, «Popping Pills»). Die Schule untermalt er mit einem fast flüchtigen Motiv in «In Founder’s Court», «The Art of Learning is to Conceal Learning» und auf unterschwellig düstere Weise in «Good Luck to You».
In «A God from Afar Looks Graciously Upon a Gentle Master» setzt Isham Chor und Knabensopran zu Streichern und Trompete, um einen der schönsten Momente des Films und von Albert Finney in einer, wie ich finde sehenswerten Rolle zu begleiten. Die Verbindung zwischen Modines Charakter und Mrs. Harris untermalt Isham mit Streichern und Trompete oder Flügelhorn (in «Need Anything from the Village?» von Isham selbst gespielt, zu hören ist hier überdies ein E-Bass, der wiederholt eingesetzt wird, «Good Luck to You»).
Ishams Komposition ist nie überbordend, ohne vordergründige Effekte, oft zurückhaltend und mit britischem Understatement (eines Amerikaners) versehen. Obwohl einige Szenen es erlauben würden, wirkt der Score weder melodramatisch (wenn, dann würde ich diese pastoral bezeichnen) noch aufgesetzt – auch nicht in den Cues mit Chor wie in «A God from Afar Looks Graciously Upon a Gentle Mind», dem kurzen aber ergreifenden «Prize Giving» oder dem beschliessenden «The Browning Version».
Und das ist gleichzeitig die Stärke von THE BROWNING VERSION. Schade sind diese orchestralen Werke von Isham eher die Ausnahme geblieben.
Gegenüber der 1994 erschienen Milan CD enthält das Quartet Records Album zehn Minuten mehr Musik, darunter drei Bonustracks mit einer Gesamtlänge von knapp sieben Minuten. Der Umstand, dass die Milan Scheibe eher schwierig zu bekommen und die Preise dementsprechend hoch waren, rechtfertigt die Quartet Neuauflage, ausgestattet mit einem 16-Seiten Booklet mit Notes von Jeff Bond, trotz überschaubarer Mehrlänge somit dennoch.
Phil | 12.02.2025
THE BROWNING VERSION
Mark Isham
Quartet Records
46:50 | 27 Tracks
Limitiert auf 1000 Stk.