Here

Wenn sich eines der bekanntesten Hollywood‐Dreamteams wieder zusammenfindet, sollten alle Film(musik)‐Fans ganz aufmerksam werden. Es ist nicht die Rede von John Williams und Steven Spielberg, sondern von Alan Silvestri und Robert Zemeckis – eine Kombinaton, die meines Erachtens dieselbe Aufmerksamkeit verdient. HERE (2024) ist die inzwischen 20. Zusammenarbeit dieser beiden Koryphäen. Es gibt nicht einen einzigen Zemeckis‐Film (seit ROMANCING THE STONE, 1984), den er an einen anderen Komponisten gegeben hätte. An dieser Stelle muss ich zugeben, dass ich HERE  nicht gesehen habe – dies gilt es noch nachzuholen – jedoch musste ich mir den Score von Silvestri natürlich sofort anhören.

Eines kann ich direkt vorwegsagen: Die Musik hat mich von der ersten Minute an komplett in ihren Bann gezogen. Wenn man es zulässt und sein Herz für Herrn Silvestri öffnet, wird man auf einer Ebene berührt, die die meisten Komponisten heutzutage nicht mal mehr kennen geschweige denn beherrschen. Alan Silvestri gehört zur absoluten A‐Liga und dies beweist er nun erneut.

Beim Anhören des Scores fühlt man sich stellenweise ein wenig an FORREST GUMP (1994) erinnert. Das Haupthema (direkt im ersten Track «Opening» zu hören) basiert nämlich ebenfalls auf einer eingängigen Klaviermelodie. Meines Erachtens übertrifft HERE besagten FORREST GUMP jedoch ‐ zumindest musikalisch. Im zweiten Track «Why Am I Here?» werden Erinnerungen an seinen (extrem unterschätzten) großartigen THE BODYGUARD (1992) wach. Silvestri spielt mit den feinsten Nuancen auf der Gefühlsklaviatur.

In «Extinction» lässt er es aber auch gehörig krachen, in gewohnter Silvestri Manier, so dass mir sogar ein wenig JUDGE DREDD (1995) in den Sinn kommt. «This is Here» beschert uns eine noch herzergreifendere Version des Main Themes – es wird stets weiter ausgearbeitet und an diesem Punkt war ich zum ersten Mal den Tränen nah. Ich hätte nicht gedacht, dass dies heutzutage noch möglich ist.

«Necklace of Shells» bringt uns ebenfalls eine atemberaubend schöne Melodie, die stellenweise seinem TOMB RAIDER: THE CRADLE OF LIFE (2003, Track: «Pandora’s Box») entlehnt scheint. Dies stört mich jedoch keineswegs. «God Help Me» fängt die Magie (und eine ähnliche Melodie) von FLIGHT (2012) ein und lässt den geneigten Zuhörer weiter auf Wolke Sieben schweben…

Ich könnte ewig so weitermachen, denn HERE hat mit seiner knapp 40‐minütigen Laufzeit nicht eine einzige verschwendete Sekunde – und wenn am Ende bei den «End Credits» nochmal alle Themen in einer 8½ ‐Minuten‐Suite ineinander münden, fließen die Tränen und ich bin komplett überwältigt. Dies schaffen nur sehr, sehr wenige Scores. Alan Silvestri ist hier ein Meisterwerk der Extra‐Klasse gelungen. Meiner Meinung nach locker in den Top Ten (vielleicht sogar Top Five) seiner besten Soundtracks.

P.S.: Lassen Sie sich von meiner Erwähnung diverser vergangener Silvestri‐Scores nicht irritieren, denn HERE steht komplett für sich selbst und hat einen hohen Wiedererkennungswert. Die Nennungen seiner anderen Scores dienen nur zur Veranschaulichung und um den ein oder anderen geneigten Soundtrack‐Liebhaber auf diesen unerwarteten Schatz aufmerksam zu machen.

 

| Marcel, 28.01.2025

HERE
Alan Silvestri
Disney
39:54 | 15 Tracks