Indiana Jones and the Dial of Destiny

Oder eine etwas andere Rezension.

Natürlich: Ist man Traditionalist, wie man mich durchaus nennen könnte, gibt es keinen Weg, der darum herum führt… um John Williams’ Musik zu INDIANA JONES AND THE DIAL OF DESTINY. So der Sammler auf die eine (CD oder LP von Disney) oder andere Weise (Blu-ray/4K-Disc)
Doch ist es so einfach? Sicher waren seine Scores zu den letzten drei STAR WARS Filmen ebenfalls eine feine Sache, stach dort jedoch jener zu Episode VII , insbesondere im Rückblick, heraus, was wohl nicht zuletzt an den Filmen selbst lag. Auch ein John Williams dürfte mit den Merkwürdigkeiten, die die Episoden VIII und IX mit sich brachten, kein einfaches Spiel gehabt haben, bei aller professionellen Haltung.

James Mangolds Film blieb den Vor-Indiana Jones’en so gut wie möglich behaftet und orientierte sich, auch visuell, daran, das war sehr löblich und hinterliess zumindest einen kurzweiligen, spassigen Eindruck bezüglich Filmvergnügen (okay, der Sprung durch das Zeitportal ist etwas «fantastisch», aber das waren Gralsritter (INDY III) und ein gewaltiges UFO (INDY IV) nicht minder. Ja, Harrison Ford ist alt geworden und mit ihm auch Indiana Jones. Das ist Fakt. Und das darf und soll auch so sein. Mangold und seine Mitautoren David Koepp, Jez und John-Henry Butterworth zollten dem Tribut und es wäre fragwürdig gewesen, hätten wir einen ganzen Film hindurch einem de-aged Indiana Jones/Harrison Ford bei seinen Abenteuern zusehen müssen. Nichtsdestotrotz, die Anfangssequenz ist fantastisch gemacht, da gibt es nichts zu rütteln. Und dass Indy V besser herausgekommen ist als der vermaledeite INDIANA JONES AND THE KINGDOM OF THE CRYSTAL SKULL, so gerne ich Steven Spielberg mag und so hoch ich ihn schätze: Der Film ist ein Knorz, da pflichten die meisten, ja sogar diehard-Spielberg und Indy Fans bei. Spielberg hat nach einem furiosen Start einen glatten Fehlschuss hingelegt und fast, ja fast dem Szenario Indiana Jones den Garaus gemacht. Zugegeben, als die News die Runde machte, Spielberg würde den neuen Indiana Jones nicht selbst inszenieren, da zog es meine Gesichtsmuskulatur trotzdem eindeutig gen Erdanziehung, also ziemlich runter. Indiana Jones ohne Spielberg? Umso überraschter war ich, als ich das fertige Produkt sah und einem bis auf den ein oder anderen bestreitbaren Teil rundum fetzigen neuen Film um den gealterten Indiana Jones bestaunen durfte.

John Williams hat, 91jährig als INDIANA JONES AND THE DIAL OF DESTINY in die Kinos kam, so hatte man beim Schauen des Films das Gefühl, einen lebhaften und fleissigen Score hingelegt, etwas was die von Disney in fiesester Art immer mal wieder aufgelegter und dann huschhopps wieder verschwundener Soundtrack-Auskopplung auf CD (und LP) nicht so rüberbringen konnte. Zum guten Glück beruhigten die Macher die Fans damit, dass die Blu-ray und 4K Ausgabe mit einer music-only Version veröffentlicht wurden. Und damit sind wir wieder beim Anfang. Hier haben wir eine durch und durch handwerklich hochstehende, erfreulich unterhaltsame Komposition, die mit an die besten Zeiten des Komponisten anschliesst; so gut war John Williams seit STAR WARS: THE FORCE AWAKENS (2015) nicht mehr.

Die spielerischen Actionelemente händelt Williams (mit seinen Assistenten und Orchestratoren) nach wie vor mit unvergleichbarer Leichtigkeit. Williams sieht auch davon ab, sich ständig auf die längst eingeführten Themen zu berufen. Auch wenn man nostalgische Gefühle hegt, so bleibt immer noch ein ganz grosses Stück filmmusikalisches Können übrig, das heute seines gleichen sucht. Das liegt mit daran, dass Williams der letzte der ganz grossen Filmmusik-Giganten ist – Giganten die wussten, wie man mit einem Film, der Story und seinen Protagonisten umgeht. Seine Kollegen wie Jerry Goldsmith und James Horner sind nicht mehr unter uns, andere sind nicht mehr tätig. Nur wenigen wie Alan Silvestri, Michael Giacchino und vielleicht John Powell würde ich zutrauen einen Indiana Jones zu vertonen. Die Erwartungshaltung wäre aber immens, doch haben alle drei gezeigt, dass sie Williams bzw. Spielberg verarbeiten können (READY PLAYER ONE, 2018; ROGUE ONE: A STAR WARS STORY, 2016; SOLO: A STAR WARS STORY, 2018). Zweifellos ist es reizvoll Williams nochmals in einem von uns Fans so geschätzten Umfeld hören zu dürfen. Selbstverständlich, das sollten wir uns alle bewusst sein, war das nicht. Wenn denn schon die Chance besteht, noch einmal John Williams zur Feder greifen zu lassen, ja ums Himmels Willen, ergreife man diese!

Williams hat nicht enttäuscht, im Gegenteil, er hat einen der besten Scores der letzten Jahre hingelegt, das wird einem beim Schauen des Films und beim Hören des gesamten Scores bewusst. Schieben wir die offizielle Disney CD, so man sie überhaupt ergattern konnte, also getrost zur Seite, denn diese konnte so manchen nicht in der Art überzeugen, wie es dem eigentlichen Score schliesslich gelang. Und deshalb gibt es für INDIANA JONES AND THE DIAL OF DESTINY glatte 5 Sternli, Pluszeichen oder CDs. Für die meisterhaft gehandhabten Actionsetpieces wie «Archimedes’ Tomb/Confrontation at the Tomb/To the Airport/Airport Nazis/Through the Portal Part 1» «Through the Portal Part 2/Ancient Syracruse Part 1» und die Eröffnungstracks des Pre-Storybogens, die kluge und nicht überbordende Einbindung des RAIDERS-Marsches, der musikalische Beschrieb der fiesen Nazibösweichte (Indy ohne Nazis ist wie Star Wars ohne Stormtrooper, irgendwie), für Helenas hübsches Thema (dessen vollorchestrale Version während den Schlusstiteln traumhaft schön ist), die pfundigen Zitate für Indy und «Marion’s Theme».
Danke John Williams, dass wir im Jahr 2023 nochmals einer derart feinen, sinfonischen Filmmusik, à la 80er Jahre Williams horchen durften. Nostalgie hin, Traditionen her, rundum grandios gemacht und «film music artisanry» at ist very best! Und so drücken wir eine (wenigstens) kleine Träne weg… auch der Nostalgie wegen!

Phil  |  25.04.2024

INDIANA JONES AND THE DIAL OF DESTINY
Music only Version der Blu-ray/4K-Disc
John Williams