Netflix hat sich die Rechte zu Patricia Highsmiths Charakter RIPLEY (2024) gesichert und legte eine erste Season mit acht Episoden aufs Streaming-Parkett bei Netflix. Mit von der Partie sind nebst Regisseur Steven Zaillian, der Drehbücher zu Filmen wie CLEAR AND PRESENT DANGER (1994) und THE IRISHMAN (2019) schrieb und Regie bei SEARCHING FOR BOBBY FISHER (1993) und ALL THE KING’S MEN (2006) führte, Andrew Scott, Dakota Fanning und Johnny Flynn. Die Musik, die bisher leider nur in rein digitaler Form erhältlich ist, steuerte Jeff Russo (grandios in der FARGO TV Serie) bei.
Fast fühlt man sich kurzzeitig und nur zu Beginn des Scores mt Tracks wie «Sicily» an THE GODFATHER (1973) gemahnt, wenn Gitarre, Mandoline, Ziehharmonika und später Streicher die Weise anstimmen. Das Setting bleibt zu Beginn öfters dasselbe («Sicily Redux»), ja sogar eine Solotrompete gesellt sich dazu. Cosa nostra Feeling. Ein musikalischer Wechsel findet mit dem eher spannenden «Next Steps» statt, Soloholz ist, ebenso wie das Klavier, im Vordergrund. Russo lässt aber auch in diesen Tracks dann und wann den italienischen Background (Mandoline) leise durchscheinen, während in «For Sale» oder «Dear Mrs. Desilva» ein Einschlag à la Carter Burwell und Thomas Newman vorhanden ist und Italien allmählich in den Hintergrund tritt. Diese minimalistische Ausdrucksform behält lange Russo bei, so auch in «Leaving New York», in Tracks wie «Dickie by Day» und «Opening the Letter», in denen perkussive (und Klavier) Effekte (die sich mit Pizzicati die Thomas Newman’sche Stilgebung teilen) und Synthesizer zu hören sind, während in «Dickie’s Documents» gar eine Sopranstimme erklingt. In «The so Called Memories – by Myself for a While» ist es die Solovioline, die die fatale Tragweite von Ripleys Tun einfängt, um gemeinsam mit einer Handharmonika und einer E-Orgel auszuklingen. Fragmente von Ripleys Thema sind in «Forgery Letter» zu hören (Harfe), während Fagott, Bassflöte, Streicher, Harfe und auch Synthesizer sich einordnen. «A Venezia» ist mit 6 Minuten der längste Track des Scores und einer der dichtesten (schöne Streicherarbeit). Erst mit «Una barca – Fin» und «The Latest News» verlässt Russo kurz den schummrig kühlen, von Suspense umgebenen Duktus und lässt in tragischer Weise nochmals Italianità versprühen. Ripleys Thema kehrt in Gänze und Grösse in «The Talented Mr. Ripley – Fin» zurück und bildet einen klug geratenen, feinen Abschluss, doch wehe, noch gibt es zwei Stücke: das wundervolle, melodisch ausgelegte, orchestrale «Tom» mit fast viereinhalb Minuten Länge und dem anfangs etablierten Italoszenario sowie «Tom – Piano Sketch».
Insgesamt ist RIPLEY mit über 80 Minuten sicher zu lang geraten – knackige 50 Minuten hätten hier gut getan und den ein oder anderen Spannungstrack hätte man streichen können. Es ist kein Score, der abseits der Bilder Jubelschreie und Bewunderung auslöst – und er ist einiges entfernt von dem, was Jeff Russo mit der Fernsehversion FARGO auf die Beine stellte. Und nun bin ich irgendwie angefixt, doch mal wieder in Gabriel Yareds THE TALENTED MR. RIPLEY (1999) reinzulauschen.
Phil | 22.04.2024
RIPLEY
Jeff Russo
Netflix Music
81 Min. | 30 Tracks