Murder is My Beat: Classic Film Noir Themes and Scores

Review aus The Film Music Journal No. 12, 1997

Der Sampler des Jahres? Nun, so schien es vor Beginn der Vorführung. Ein erster Dämpfer stellte sich ein, als die Dialoge anfingen (nach einer Minute) – und nicht mehr aufhörten. Der Sampler des Jahres? Mitnichten. Rhinos neue Kompilation schraubt die Erwartungen in eine sauerstoffarne Höhe – und kommt darin um (bzw. motiviert derart schiefe Metaphern). Ein Beispiel, es steht für viele, soll das Ausmaß des Jammerserläutern. Man hätte kaum darauf gehofft, Andre Previns vitale Vorspannmusik zum Van Johnson-Krimi SCENE OF THE CRIME (1949) jemals auf CD zu erhalten. Das ist einer jener Titel, die man deshalb aus dem TV aufnimmt und auf Cassetten hortet. Letztere bitte noch nicht wegwerfen. Die Tonqualität der CD ist auch nicht viel besser als das, was man daheim zuwege bringt. Das Problem liegt jedoch anderswo.

Previns knapp 80 Sekunden kreisen – vor einem semidokumentarischen Hintergrundbild mit weißbekitteltem Mann, der zwecks ballistischer Erkundung in einen Heuhaufen schießt – um einen Moll-Marsch, wie ihn damals auch Max Steiner gern komponiert hat. Als teils isoliertes, teils sich dazu gesellendes Element vernimmt man überdies achtungerheischende Fanfaren, auch diese von Moll-Akkorden eingehüllt. Auf der CD fehlen jedoch die ersten 15 Sekunden des Films, in denen man wohl den MGM-Löwenbrüllen hört, aber auch schon Previns Musik in ihrer sich formenden Anfangsphase. Ein ungeschickter, hörbarer Schnitt läßt den Track auf der CD anlaufen. Dem Löwen wollte man wohl entgehen – und fiel in die Grube des Selbstwiderspruchs. Denn die CD besteht doch überwiegend aus Geräuschen und Dialogen, gleich einem jener Kultvideos aus den USA, welche nur Trailer enthalten.

Schön, schön, Humphrey Bogart, Mary Astor und Sidney Greenstreet in The Maltese Falcon reden zu hören, schaurig, wenn die besoffene Claire Trevor in Key Largo ein erzwungenes „Lied“ anstimmt. Häufig genug hört man nach dem Main Title einen willkürlichen Zusammenschnitt von Höhepunkten, coolen Dialogen, Auto- oder Revolvergeräuschen – und auch etwas Musik, oft dann abgeblendet, wenn es interessant wird. Jedenfalls führt die Angabe „Main Title“ in den meisten Fällen in die Irre. Schade, denn es hätte doch genug Stücke gegeben, um eine ganze CD zufüllen.

LAURA hat man schon xmal, THE MALTESE FALCON, DARK PASSAGE und WHITE HEAT finden sich auf der attraktiven RCA-CD mit Neueinspielungen der vierziger Jahre-Scores. CROSSFIRE wiederum soll angeblich den Main Title enthalten, welchen man von Cloud Nines Roy Webb-Anthologie kennen könnte. Stattdessen geht es hier vor einer Bigbandkulisse gleich mit dem Geplapper los. Vielleicht war das aufwendige, schön bebilderte Booklet schon fertig, ehe der CD-Inhalt festgelegt wurde?

Musik: bisweilen
Claire Trevor: 3,5 Promille
Konzeption: in Abwesenheit von Gehirnvorgängen
Schnitt: reinste Willkür
Gesamteindruck: 1 CD (mit Wohlwollen)

Matthias  |  1997

MURDER IS MY BEAT: CLASSIC FILM NOIR THEMES AND SCENES
various
Rhino R2 72466
18 Tracks | 56:03