Review aus The Film Music Journal No. 12, 1997
Ohne Zweifel zählt PSYCHO zu den schwärzesten Werken von Meister Hitch. Ob die «grauslig»-gute Mordszene jemals übertroffen werden wird, ist fraglich. Es erstaunt wohl ein wenig, dass der Regisseur diese berühmte Dusch-Szene erst ohne Musik, nur mit gurgelnden Wassergeräuschen unterlegen wollte. Da ihm aber Herrmann mit seinen kreischend-nervigen Geigen einen teuflisch guten Vorschlag unterbreitete, konnte Hitchcock nicht anders – und er hat recht getan, den musikalischen Vorschlag von Herrmann schlussendlich zu verwenden. Zu hören ist diese einmalige Mordmusik in «The Murder».
Ich gebe zu, dass ich zum Vergleich die LP (Unicorn RHS 336) aus dem Jahre 1975 beigezogen habe, wo Herrmann mit dem National Philharmonic Orchestra die Filmmusik einspielte. Das gleiche Material findet sich auch auf der CD, wobei einzig ein einzelner Track neu dazugekommen ist: «Cleanup». Im CD-Booklet (englisch) ist zu lesen, dass die erwähnte Herrmann-Einspielung damals auf Kritik gestossen sei, da diese zu «lethargisch» und «schwerfällig» ausgefallen sei. Es mag vielleicht einzelne Passagen geben, wo die hohen Streichinstrumente (die Musik ist nur für Streicher geschrieben) etwas quälend wirken, doch gerade diese eigenartige Stimmung gefällt mir in der Herrmann- Einspielung.
Doch lassen wir dieses Gegeneinanderausspielen. Die schottischen Streicher des Royal Scottish National Orchestra verdienen ein Lob, Joel McNeely darf zu seiner Einspielung gratuliert werden. PSYCHO for ever! Und jetzt, da die Nächte wieder länger und schwärzer sind, sollte man vielleicht auch wieder einmal den Film in aller Ruhe geniessen…
Zum Schluss noch ein PS: Herrmann sagte, dass es seine Absicht gewesen sei, die schwarz-weissen Bilder mit einem «schwarzweiss- Score» zu untermalen.
Andreas Schweizer | 1997
PSYCHO (re-recording)
Bernard Herrmann
Varèse Sarabande
61:10 | 40 Tracks