A Man Called Horse / The Cobweb

Review aus The Film Music Journal No. 16, 1998

Kein Autor einer Filmmusikgeschichte läßt es sich entgehen, Leonard Rosenmans THE COBWEB (1955) mit Ehrfurcht zu würdigen, entschied sich der Komponist schließlich dafür nicht nur einen frei-atonalen Score einzubringen, sondern mit seriellen Strukturen zu arbeiten. Strenge „Zwölftontechnik», von Arnold Schönberg entwickelt, verlangt, daß kein Ton wiederholt werde, ehe nicht alle weiteren elf Bestandteile einer chromatischen Skala verwendet worden sind. Nach Rosenmans eigener Aussage ging es ihm aber nicht darum, nun aus rein innovatorischer Absicht heraus mit solchen Reihenbildungen zu operieren; er habe sich vielmehr vom Sujet des Films inspirieren lassen. Selbiger spielt in einer psychiatrischen Klinik, und die seelische Labilität der Patienten ließ sich auf diese Weise künstlerisch umsetzen.

Aus heutiger Sicht wirkt die Verknüpfung musikalischer mit medizinischen Phänomenen – in der Analogie von musikalisch strenger Atonalität zu psychischen Wahnsystemen – allerdings nicht gerade unproblematisch, hat doch das Vokabular der Nazis ebenfalls die Musik Schönbergs als «entartet» verfemt. Läßt man solche «Correctness»-Empfindungen außer acht, so erweisen sich die vier Auszüge als keineswegs außerordentliche Musikkulisse zum eher biederen Drama. Die «meckernden» und polternden Abschnitte laden nicht zu wiederholtem Hören ein; immerhin transportieren die lyrischen Partien mit ihrer spannungsreichen Intervallführung einen bescheidenen Reiz. Nur ist im Bereich der Neuen Musik zu jener Zeit weitaus Aufregenderes geschrieben worden, so daß die werbenden Argumente für Rosenmans Musik eher historischen Wert besitzen.

Der ausführlicher dokumentierte Score auf dieser CD gilt dem ersten Film um den «Mann, den sie Pferd nannten». Aber revisionistische Western haben – bei aller willkommenen Liberalität – eine sehr geringe filmische Halbwertzeit, und Rosenmans Partitur mit ihren friedenflüsternden Flötendialogen und ethnisch kolorierten Tänzen ist dann doch zu prätentiös, um die gewollte Einfachheit und Naturnähe des roten Volkes glaubhaft machen zu können.

Matthias  |  1998

A MAN CALLED HORSE / THE COBWEB
Leonard Rosenman
Tickertape
48:52 | 12 Tracks