Review aus The Film Music Journal No. 24, 2000
Mit einer ruhigen, feierlichen Melodie, getragen von einer Frauenstimme, Chor und Orchester, dem «Thème de Vatel», beginnt Morricone das Werk. Beinahe der einzige Wermutstropfen dieser prächtigen CD fliesst hier in diesem Hauptthema, wenn die Solovioline einsetzt: dies geschieht nach meinem Geschmack etwas zu laut (Minuspunkt für die Technik) und leider mit wenig musikalischem Feingefühl (Minuspunkt für den Geiger).
Doch sehen wir darüber hinweg. In «Symphonie avec voix» beginnt ein Quartet mit frischem Gesang, bis eine beschwingte Streicherbegleitung einsetzt: schön gemacht. Und je weiter man sich in die CD reinhört, desto mehr staunt man über den Komponisten, ich hätte wohl bei manchem Track nicht gleich auf Morricone getippt. Viel Streichermusik, die an mittelalterliche Hofmusik erinnert, Tanzmusik der üppigen Art. VATEL – von Regisseur Roland Joffe (THE MISSION) – bezieht sich auf die Geschichte des Hofkochs Vatel (Gérard Depardieu), in Diensten von König Ludwig XIV. Auf der CD finden sich einzelne Gesangsnummern, die zum Teil von Morricone arrangiert sind. Beschwingt auch «Deux courtisanes», wo die Blockflöte im Orchester der Musik etwas historischen Touch verleiht. So auch im nachfolgenden «Début de la fête». Hier erinnert mich die Spielweise – diese musikalische Randbemerkung sei mir erlaubt – an das englische Quartett Palladian Ensemble, die mit ihrer äusserst genussvollen CD «An Excess of Pleasure» den Hörer (sprich Schreibenden) in Erstaunen und Entzücken versetzt, was mit Blockflöte, Violine, Cello, Gitarre und Theorbe möglich ist.
Abschliessend findet sich ein Bourée von Jean-Philippe Rameau sowie die Feuerwerksmusik von Händel, die in zweifacher Hinsicht etwas enttäuscht – aha! – der zweite Wermutstropfen: die Virgin-CD-Presser haben einen Bock gebaut, denn der letzte Track kann nicht ohne Probleme abgespielt werden. Zudem enttäuscht die vorliegende Einspielung etwas, da sie musikalisch etwas lieblos gespielt daherkommt. Ansonsten kann VATEL mit ruhigem Gewissen zum Kauf empfohlen werden. Die Box enthält ein «handorgelartig» gefaltetes Booklet, das schön farbig ist und auseinander gezogen werden kann, aber eigentlich nicht viel nützliche Informationen liefert.
Andreas Schweizer | 2000
VATEL
Ennio Morricone
Virgin
55:00 | 18 Tracks