The Ballad of Lucy Whipple / Jeremiah

Review aus The Film Music Journal No. 26/27, 2001

Nicht gerade von Filmglück ist Bruce Broughton seit einiger Zeit umgeben. Nach LOST IN SPACE (1998) – obwohl er damit eine bemerkenswerte, absolut hörenswerte niveauvolle Arbeit ablieferte – wurde es leider wieder recht ruhig und die hier vorgestellten CDs sind «lediglich» TV-Produktionen. Beide haben eines gemeinsam: Ein starkes ethnisches Element. Während die unbekannte Bibelverfilmung JEREMIAH (1998) vor allem von arabischen, nahöstlichen Klängen geprägt ist (dazu zählen wir auch das Duduk), die sich vorherrschend in rhythmisch dominierten Passagen oder als Soloinstrumente ausgeführt zeigen («Entering Jerusalem»), beschäftigt sich Broughton in THE BALLAD OF LUCY WHIPPLE (2001), einer Geschichte, die zu Zeiten des Gold Rushs spielt, mit amerikanischen Klangfarben wie der Fiddel, Gitarren und dem Hammering Dulcimer, ein vom Komponisten gerne verwendetes Instrument, das seinen Ursprung natürlich wie so viele in Europa hat. Zum Leidwesen meiner selbst und wohl vieler Hörer haben beide Scores eine weitere Gemeinsamkeit: Broughton musste seine Solisten mit orchestralen Klängen aus dem Sampler auffüllen und stösst damit an ein grundlegendes Problem: Wann immer diese Samples auftauchen, klingt alles langatmig und monoton, schleichend und ausharrend. Attribute, die mit Broughton sonst nicht in Verbindung gebracht werden können. Ganz besonders beeinträchtigend kommt das in JEREMIAH rüber, der fast inhaltleer vor sich hindümpelt. Thematische Anhaltspunkte sind rar und wenn («Judith»), dann ohne grosse Bewegungen.

Mehr Merkmale seines Könnens weist Broughton in LUCY WHIPPLE auf, der natürlich in einem Genre zu liegen kommt, in dem sich Broughton beinahe blindlings bewegt. Aber auch hier gilt die Einschränkung des wohltemperiert dramatischen Einsatzes der Musik oder eines Themas (es gibt ein solches für die Titelfigur). Somit ist LUCY WHIPPLE im Vergleich mit Werken wie O PIONEERS! (1992) oder gar eines SILVERADO (1985) chancenlos. Am sympathischsten bleibt LUCY WHIPPLE, wenn Bruce Broughton fast ausschliesslich auf seine kleine Besetzung zurückgreifen kann, ohne Elektronik. Der Einsatz des auch hier leider zu oft auftauchenden Synthiorchesters hat in etwa die gleichen negativen Auswirkungen wie in JEREMIAH. So bleibt das Fazit kurz und bündig: Wer nicht muss, also kein stein- und beinharter Fan ist, kann eigentlich beide CDs auslassen. Und auch für die Fans reicht THE BALLAD OF LUCY WHIPPLE mit seinem leichten Americana-Touch allemal.

Phil  |  2001

THE BALLAD OF LUCY WHIPPLE
JEREMIAH
JEREMIAH

Bruce Broughton

Intrada

47:14 | 13 Tracks

 

 

 

THE BALLAD OF LUCY WHIPPLE

Bruce Broughton

Intrada

36:48 | 15 Tracks