Timeline

Review aus The Film Music Journal No. 31/32, 2004

TIMELINE ist geworden, was zu befürchtet war, wenn Brian Tyler in ein enges Zeitkorsett gesteckt wird, einen grossen Orchesterapparat zur Verfügung hat, nicht mehr Tyler sein kann/darf/will und die heiligen Vorgaben des Studios zu erfüllen hat: laut, mächtig, dröhnend, wenig identifizierbar, austauschbar und in den kurzen Momenten hölzern, kaum inspiriert und berechnend («Eternal»). Wie Matthias Wiegandt es passend formulierte: «Sozusagen Tylers schlechteste Momente als Sampler verewigt.»

TIMELINE (2003) hat mich desöfteren an David Arnolds STARGATE (1994) erinnert, eine von mir liebgewonnene Arbeit – und eine der besseren des Briten -, gleichsam an die overthetop-Mentalität solcher Scores wie INDEPENDENCE DAY (1996) und GODZILLA (1998, ja, der schlechte von Emmerich) mahnend. Bereits nach CHILDREN OF DUNE (2003) war ein bisschen zu befürchten, dass Tyler seine löbliche, mit FRAILTY (2001) und DARKNESS FALLS (2003) eingeschlagene Richtung nicht würde halten können.

Kommt hinzu, dass Tyler hier nach Jerry Goldsmiths verworfener Musik keine 180 Grad Drehung vollziehen musste, nachdem er, Tyler, nach eigenen Angaben die Aufgabenstellung von Regisseur Richard Donner et al gewissenhaft befolgte. So ganz daneben lag Goldsmith anscheinend nicht – und geholfen hat es dem schwachen Film wie so oft ebenfalls nicht, dass man einem Komponisten die rote Karte zeigte. Erklingt «Night Arrows» mit dem heftigen Schlagwerk und dem Echoeffekt der gestopften Trompeten, entsteht kurzzeitig ein Goldsmith-Moment. Demnach schien Tyler wohl oder übel den Vorgaben der Produzenten und Richard Donners Wünschen Genüge getan zu haben, eben nicht allzu weit weg von Goldsmith zu komponieren. Für einige wenige Momente nur, denn was sonst übrigbleibt, ist schon ein arges Machwerk, das wenig Freude bereitet.

Da Varèse es sich nicht nehmen liess, als Weihnachtsüberraschung die Veröffentlichung von Goldsmiths verworfenem Score anzukündigen, wartet die halbe Filmmusikwelt zweifellos nun darauf, denn Goldsmith und Rittertum, das hat eigentlich immer funktioniert. Und wir haben bald eine Vergleichsmöglichkeit mit Brian Tylers Score, so man will. Schade, aber angesichts des Gebotenen verständlich, dass mehr von Jerry Goldsmith denn Tylers TIMELINE gesprochen wird.

Phil  |  2003

 

TIMELINE

Brian Tyler

Varèse Sarabande

45:29 | 20 Tracks