Unterwasserschocker waren zu Zeiten von James Camerons THE ABYSS (1989) kurz, aber heftig im Kommen: Im selben Jahr wie ABYSS entstanden LEVIATHAN und DEEPSTAR SIX, die Plots letzterer beider Filme waren fast identisch (vielleicht drängte deshalb Produzent und Regisseur Cunningham auf einen Platz in den Kinos für 1987). Das Gute an dieser kurzen Filmmodeerscheinung: Wir haben drei sehr unterschiedliche Scores zum Anhören bekommen. Was wollte der Filmmusikhörer Ende der 1980er Jahre also mehr?
Sean S. Cunningham katapultierte sich mit FRIDAY THE 13TH (1980) an die Kinokassen, ihm standen danach einige Türen einen Spalt mehr offen als zuvor. Wirklich Erfolg hatte er aber nur mehr mit dem überraschend ironisch gruseligen Sleeperhit HOUSE (1985), den er produzierte. DEEPSTAR SIX hatte ein nicht gerade üppiges Budget von 8 Mio. $, schwierig damit tief unten im Meer etwas Glaubwürdiges auf die Beine zu stellen, obwohl es für Cunningham nichts Neues war mit wenig Geld Filme auf die Beine zu stellen. Kurz zur Story: In einer Unterwasserhöhle soll eine Raketenstation Platz finden, doch bei den Arbeiten weckt man ein Wesen, nie zuvor gesehen, das danach über die Tiefseestation DeepStar Six herfällt.
Chris Walas (THE FLY, 1986; HOUSE II, 1987) war ursprünglich für das Design des Monsters vorgesehen und fertigte auch einige Arbeiten an, gab das Projekt im Verlaufe der Produktion allerdings weiter. Vom ziemlich unbekannten Cast sticht nur Miguel Ferrer heraus. Mit Regisseur Cunningham an Bord kam Komponist Harry Manfredini zu DEEPSTAR SIX, der bei FRIDAY THE 13TH (und schliesslich mehreren Sequels) bereits für die Musik besorgt war.
Für DEEPSTAR SIX war das Musikbudget immerhin so, dass Manfredini ermöglichte wurde einen Score für ein grösseres Orchester zu schreiben – und wie so oft der Fall, war die Musik schliesslich das Beste des ganzen Projekts. Mit dem Film in den Kinos veröffentlichte Intrada damals eine 70 Minuten CD, die hier nun ein Re-Issue erfährt, mit neuem Artwork und neuen Liner Notes von Daniel Schweiger. Heisst also, wer die alte Intrada CD besitzt, braucht diese neue Scheibe zumindest akustisch nicht wirklich.
Manfredinis Score ist deftig, spannend, kurzweilig und wirklich gut gemacht – ich würde sogar so weit gehen und behaupten, DEEPSTAR SIX gehöre zu Manfredinis besten Scores. Er schrieb ein «alles ist gut»-Thema, das in «Final Encounters» seine besonders schöne Aufwartung erfährt und das sich am opulenten, toll gemachten, Noblesse und Ruhe vermittelnden Hauptthema (für Hörner und Streicher), «Main Title», orientiert. Daneben finden wir diverse Action- und Suspensemomente, in denen vor allem die Blechbläser brillieren können. Für das Monster hat er ein Motiv geschrieben, das wir unter anderem in «Seatrack Attack» ausführlicher und vorantreibend hören, während es in «The Plan» langsam in den Vordergrund tritt.
Einige der Stücke haben eine Dauer von mehr als 5 Minuten, die längsten wie «The Plan», das starke «The Saga of Osborne and Hodges» und «Final Encounters» kratzen an der 9 Minuten-Marke oder gehen darüber hinaus. Somit ist ein durchgängig guter Hörfluss gegeben. Nebst dem Orchester setzt Manfredini auch auf Synthesizerklänge, denen wir zum Beispiel in «Shock Wave» begegnen. Auch wenn DEEPSTAR SIX nicht an Silvestris THE ABYSS heranreicht, so bildet er doch einen gelungenen Partner-in-crime dieses Unterwasser-Trios, gemeinsam mit Jerry Goldsmiths LEVIATHAN (wo wir schon lange auf eine Veröffentlichung mit «more music» warten).
Phil, 11.07.2021
DEEPSTAR SIX
Harry Manfredini
Intrada
70:15 Min.
15 Tracks