The War of the Worlds/When Worlds Collide

Gleich vier Filmen des in Ungarn geborenen Tausendsassa George Pal, der sich vor allem im Bereich von Fantasy und Science Fiction einen Namen machte, widmet sich diese von Lukas Kendall für Intrada produzierte Doppel-CD, bei der Komponisten zum Zug kommen, die ansonsten beim Veröffentlichungskarussell meistens abseits stehen.

Der 1898 veröffentlichte Roman The War Of The Worlds von H. G. Wells sorgte 1938 für Aufsehen, als Orson Welles mit einem allzu realistischen Hörspiel dafür sorgte, dass in den USA eine Massenpanik ausbrach. Während die Verfilmung von Steven Spielberg aus dem Jahre 2005 gemischte Kritiken erhielt, ist die 1953er-Version fast ebenso kultig wie Pals zweite Wells-Adaption The Time Machine.

Der vielseitige Leith Stevens, der im Konzertsaal ebenso zu Hause war wie in der Popmusik und im Jazz, schuf für The War Of The Worldseinen verhältnismässig modernen Score, dessen Stärken weniger in griffigen Themen liegen, als vielmehr in einer konstanten Atmosphäre von Bedrohung, Verzweiflung und Isolation, die die Invasion von Marsmenschen mit sich bringt. So sind die 16 Minuten Musik, die hier präsentiert werden, in sich sehr stimmig.

Auch in When Worlds Collide droht Gefahr aus dem Weltall, diesmal in Form von zwei Planeten, die auf die Erde zurasen. Wiederum setzt Stevens weniger auf einprägsame Themen als auf eine breite und wirkungsvolle Palette von Stimmungen, die neben dramatisch und unheilschwanger mal gershwinesk, mal fernöstlich angehaucht sind und himmlische Chöre die stetig sich aufbauende Panik nur kurzfristig zu unterbinden vermögen. Doch schliesslich obsiegt der menschliche Überlebenswille und entlässt den Hörer mit einem Gefühl der Zuversicht.

Nathan Van Cleave hatte eine über 20-jährige Karriere als Orchestrator, Dirigent und Komponist; vor Conquest Of Space betreute er vornehmlich Komödien und Musicals und war danach öfters im Science-Fiction-Genre Fiction anzutreffen. Die gefahrvolle Mission zum Mars untermalt er mit einem noblen Marsch, der da und dort fragmentarisch zum Einsatz kommt, atonalen, ausserirdischen Klängen von Orchester und Chor, gefahrvollen, ominösen, militärischen und ‒ vielleicht beabsichtigt ‒ dramatisch übersteigerten Sequenzen. Aus dem Rahmen fällt das hübsch orchestrierte Snow, weil Van Cleave hier das bekannte Weihnachtslied «God Rest Ye Merry, Gentlemen» miteinbezieht.

Für den besten Beitrag auf diesem Set zeichnet Daniele Amfitheatrof verantwortlich, und das nicht nur, weil es sich bei The Naked Jungleum den einzigen Nicht-Sci-Fi-Score handelt. Der russisch-stämmige Amfitheatrof ist zweifellos der profilierteste der hier vertretenen Komponisten, der, obwohl er es nie bis ganz in die oberste Liga schaffte, nichts desto trotz ein sehr umfangreiches, vielseitiges, nicht zu unterschätzendes Œuvre hinterliess.

Charlton Heston spielt den misanthropischen Besitzer einer Kaffeeplantage im Dschungel Südamerikas, dem nicht nur die per Post bestellte Braut, die sich als Witwe entpuppt, sondern auch ganze Heerscharen gefrässiger Wanderameisen das Leben vermiesen. Diese machen denn auch im Main Title ‒ nach einer perkussiven, an Malcolm Arnold gemahnenden Einleitung ‒ in einem Motiv aus ebenso kurzen wie aggressiven, absteigenden Tönen erstmals ihre Aufwartung. Auch wenn er sich da mal an Hugo Friedhofer orientiert, dort mal an Bernard Herrmann (in Retreat wird sogar schon dessen Cape Fear ein wenig vorweg genommen), richtet Amfitheatrof mit ethnischen Trommeln und Holzbläsern, rituellen Gesängen, einem konfliktbeladenen Liebesthema, währschafter Dramatik und eben seiner gefürchigen Ameisenmusik einen Abenteuerscore von hoher Eigenständigkeit und Güte an, den man sich gerne munden lässt.

Auch wenn die Quellen, aus denen dieses Doppel-Album zusammengestellt wurde, von variierender Qualität sind, ist der Klang durchwegs mehr als geniessbar. Während nur  When Worlds Collidekomplett präsentiert werden kann, überlebte lediglich The Naked Jungle (mit knapp 40 Minuten auch der längste der vier Scores) in Dreispur-Stereo. Aber ganz abgesehen vom technischen Krimskrams ist dies eine Veröffentlichung, die allen, die das nicht Alltägliche suchen, viel Spass und Freude bereiten dürfte.

Andi, 21.8.2012

 

THE WAR OF THE WORLDS
WHEN WORLDS COLLIDE
THE NAKED JUNGLE
CONQUEST OF SPACE

Leith Stevens
Daniele Amfitheatrof
Van Cleave

Intrada Special Collection Volume 204

CD1: 64:12/31 Tracks
CD2: 77:48/34 Tracks