The Prisoner of Zenda (1952)

Review aus The Film Music Journal No. 33/34, 2005

MGMs 1952er-Fassung der berühmten Abenteuergeschichte THE PRISONER OF ZENDA ist eigentlich als kleines Kuriosum in die Filmgeschichte eingegangen, denn im Prinzip handelt es sich dabei um ein Szene für Szene identisch nachgestelltes Remake der 1937 von David O. Selznick produzierten und von John Cromwell inszenierten Version mit Ronald Colman und Douglas Fairbanks jr., die auch als Film durch Eleganz und sprühenden Witz weitaus mehr zu überzeugen weiß. Richard Thorpes Technicolor-Variante mit Stewart Granger in der Doppelrolle des echten bzw. unechten Königs und James Mason als aalglattem Schurken Rupert von Hentzau bietet nichtsdestotrotz noch recht solides Mantel- und Degen- Entertainment und hat vor allem im Finale ein schauprächtig ausgekostetes langes Degenduell zu bieten.

Im Wesentlichen dreht sich die Geschichte um einen britischen Touristen namens Rudolf Rassendyll, der dem zukünftigen König des Fantasiestaats Ruritania zum Verwechseln ähnlich sieht und dessen Rolle übernimmt, als dieser im Schloß von Zenda von seinem allerlei Ränke schmiedenden Bruder gefangengehalten wird. Mit viel List und Scharfsinn gelingt es ihm sogar, das Königreich zu retten. Nicht nur übernahm MGM den Szenenablauf, sondern auch die von Alfred Newman für die Version von 1937 komponierte komplette Filmmusik, die von dem versierten und legendären MGM-Arrangeur Conrad Salinger adaptiert werden mußte, da Newman selbst als musikalischer Leiter bei der Fox nicht abkömmlich war.

FSM bringt nun mit dieser CD erstmalig die Originalaufnahme von 1952 zu Gehör, während zuvor nur ein seichtes und eher verhunztes Arrangement des Scores durch den berüchtigten Easy Listening-Dirigenten Leroy Holmes auf einer United Artists-LP aus der Mitte der 70er Jahre vorlag. Der Score zu THE PRISONER OF ZENDA gehört in die Frühphase von Newmans Hollywood-Karriere, und man merkt recht deutlich, daß er seinen ihm ganz eigenen Stil hier noch nicht voll und ganz gefunden hat. Natürlich gibt es die üppigen hohen Streichersequenzierungen im etwas süßlichen Liebesthema, das auch in einen reizenden Walzer Newmanscher Prägung verwandelt wird («Invitation to Ball»), den mitreißend-strahlenden Aufschwung – übrigens stark an Richard Strauss’ sinfonische Dichtung “Don Juan” angelehnt – im heroischen Hauptthema und eine prächtig sich entfaltende Krönungsfanfare für großes Orchester etwa in «King’s Entrance», doch wir sind noch weit entfernt von der Intensität, Raffinesse und kompositorischen Dichte des erst in den 40er Jahren richtig ausgereiften Newman-Stils.

Trotz einigen sehr einschmeichelnden und geradezu bezaubernden Passagen – etwa der ätherische Chor in «Flavia’s Coronation» -, bleibt doch vieles allzu sehr an der Oberfläche und zu filmbezogen, um auch unabhängig davon bestehen zu können. Sicherlich ist der komplette Score eine recht angenehm anzuhörende und historisch wichtige Veröffentlichung, aber ein bißchen vermißt man schon die instrumentale Farbigkeit und den dramatischen Tiefgang. Auch im Vergleich etwa mit Victor Youngs ähnlich aufgemachter SCARAMOUCHE-Musik von 1952 schneidet die Newman-Arbeit einfach ein Stückchen schlechter ab, denn Young hat in diesem Fall die ausdrucksstärkeren und feinfühligeren melodischen Karten in der Hand. Wie man im wie immer liebevoll aufgemachten Booklet erfährt, war Newman übrigens nicht für die gesamte Komposition verantwortlich, so daß etwa die 5-minütige Duellmusik am Ende vom damals noch jungen Hugo Friedhofer beigesteuert wurde, der mit markanten düsteren Blechbläser-Sforzati hier bereits seine späterhin so prägnante Handschrift einfließen ließ.

Die FSM-CD bietet einen gemessen am Alter der Aufnahmen erstklassigen Mono-Sound und kann zumindest Freunden Newmanscher Melodik ans Herz gelegt werden.

Stefan  |  2005

THE PRISONER OF ZENDA
Alfred Newman
FSM Vol. 7 No. 1
58:21 | 22 Tracks