Nach dem Tod seiner Mutter erbt Nathan Appleby im ausgehenden 19. Jahrhundert das familieneigene, bei Shepzoy in Somerset gelegene Landgut. Der in London lebende Psychologe will den mit negativen Erinnerungen behaftete Bauernbetrieb zunächst verkaufen, wird aber von seiner Frau Charlotte mit dem Vorschlag, dessen Leitung zu übernehmen, umgestimmt. Bald schon beginnen sich furchtbare Ereignisse zu häufen. Die Tochter des Dorfpfarrers wird besessen, ein kleiner Junge sieht Geister, ein Mitarbeiter nimmt sich auf schreckliche Weise das Leben, dem Getreide droht Vernichtung durch Insektenbefall. Viele Ansässige suchen den Grund für all das bei Nathan, sehen in ihm eine Verbindung von den Lebenden zu den Toten. Tatsächlich hat er immer wieder Erscheinungen visueller und akustischer Art, ganz besonders schlimm treffen ihn diejenigen des seiner ersten Ehe entstammenden, ertrunkenen Sohnes Gabriel. Diese Vorkommnisse drohen ihm schliesslich den Verstand zu rauben und werden zur Belastungsprobe für die Beziehung zu Charlotte. Und was hat es mit seinen rätselhaften Visionen aus der Zukunft, insbesondere einer jungen Frau, auf sich?
Diese sechsteilige, von der BBC produzierte Serie ist mit ihren die Jahreszeiten durchwandernden Aufnahmen von englischen Landschaften, verwunschenen Wäldern und verlassenen, halbverfallenen Gemäuern visuell eine Augenweide. Sie lässt sich vor allem in den ersten drei Episoden recht viel Zeit, die mit Elementen aus Horror (teils Haunted House, teils Exorzismus, teils Aberglaube, teils Volkssagen) und zwischenmenschlichen Dramen durchsetzte Story vor dem Zuschauer auszurollen und verlangt von diesem auch ein wenig Aufmerksamkeit, da manche Zusammenhänge nicht so leicht erkennbar sind. Ab der vierten Episode intensiviert sich dann das Ganze, und man erlebt den ein oder anderen, zuvor vermiedenen Jump-Scare. Ansonsten gibt es jedoch weder billige, computergenerierte Kreaturen noch mittlerweile überstrapazierte Gimmicks wie schemenhafte Gestalten, die vorne oder hinten durchs Bild huschen. Alles in allem handelt es sich zwar um keinen bahnbrechenden, aber doch sehr gepflegten Grusel, der da geboten wird. Die Charakterzeichnung der Hauptfiguren überzeugt, was auch das Verdienst der zwar eher unbekannten, aber mit viel Herzblut agierenden Schauspieler ist. Die letzte Episode wirft mit ihren Twists neue Fragen auf, die geradezu nach einer Fortsetzung schreien. Ob’s die geben wird, ist offen, im Tun ist glaub ich zumindest noch nichts.
«The Insects», das sind Bob Locke und Tim Norfolk. Der auffälligste Bestandteil ihres Scores ist Volksmusik, die nebst instrumentaler Form insbesondere aus neu interpretierten Liedern besteht, wobei der Titelsong «A Lyke Wake Dirge» heidnischen, vorchristlichen Ursprungs sein soll. Daneben sorgen melancholisches Klavier, gelegentliche Chöre und funktionale, teils elektronische Spannungsmusik für eine ganz ordentliche Begleitung, die man wohlwollend zur Kenntnis nimmt. Beim Publikum ist sie so gut angekommen, dass nun eine Veröffentlichung geplant ist.
THE LIVING AND THE DEAD Regie: Samuel Donovan, Alice Troughton Darsteller: Colin Morgan, Charlotte Spencer, Malcolm Storry, Kerrie Hayes, Nicholas Woodeson u. a. Musik: The Insects Verleih: Impuls Erscheinungsdatum: 30.06.2017
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