The Fly Trilogy

Review aus The Film Music Journal No. 29, 2002

Luxuriöse Zeiten sind das, in denen eine Doppel-CD mit der Musik zweier Komponisten möglich wird, deren Namen bei ca. 97% aller Sammler auf keinerlei Widerhall stoßen. Da kann einem um das angriffslustige Label Percepto fast schon wieder bange werden, das seit einiger Zeit die Welt mit Soundtracks versorgt, nach denen niemand gefragt hat. Na sagen wir: beinahe niemand. Natürlich gibt es keine Filmmusik, für die sich nicht doch in einem entlegenen Weltwinkel eine helle Seele zu begeistern vermag. Dennoch fragt man sich, wie Percepto an die 3000 Kundinnen gelangen will, denen die aufwendige Edition zugedacht ist.

THE FLY? Da war doch was: richtig, wer in seinem Schrank nur ordentlich herumwühlt, findet vielleicht die Musik von Howard Shore und Christopher Young zu den beiden THE FLY Filmen der achtziger Jahre. Jeff Goldblum wurde damals populär, mit dem Remake eines Fox-Horrorfilms von 1958, dem sich noch zwei Sequels angeschlossen hatten: RETURN OF THE FLY und CURSE OF THE FLY. Und die Musik dieser drei Fliegenfänger gilt es nun zu bestaunen. Für die beiden ersten Filme komponierten der im B-Film-Dauereinsatz befindliche Paul Sawtell und sein regelmäßiger Partner Bert Shefter nur rund 20 Minuten Musik; für die Fortsetzung wurde ihnen bereits das Doppelte abverlangt. Und als einige Jahre später der Serienabgesang gedreht wurde, schrieb Shefter allein weiter. Insgesamt sind knapp 100 Minuten Musik zusammengekommen, die nun auf einer Doppel-CD zu bestaunen sind. Die klanglichen Voraussetzungen sind fast optimal, denn Nick Redman zeichnet als Mitproduzent und hatte wieder den Zugang zu den Fox-Archiven. Fast ohne Rauschfahne und mit einem tiefenscharten Klangbild kommt die Musik durch die Boxen. Das Überraschende an der stilistischen Ausrichtung der Komposition besteht darin, daß Sawtell und Shefter in den ersten beiden Filmen zwei unabhängige Scores konträrer Ausrichtung komponiert haben. Die Musik zum ersten Teil ist nicht nur sparsam, sie umschifft auch fast völlig die zeittypischen Horrorcluster und beruht zu großen Teilen auf einer Variantentechnik, deren Gegenstand das romantische Thema für die tragische Liebe zwischen einem Wissenschaftler und seiner Frau darstellt. Erst in dem fünfminütigen Herzstück des Scores, Helene’s Discovery, mischen sich beide Themen und reflektieren das unabwendbare Drama.

Ganz anders der Score zu RETURN OF THE FLY: hier verlassen die beiden Komponisten die Pfade melodisch-thematischen Komponierens und konzentrieren sich mehr auf klangliche 37 Schattierungen, die natürlich weniger eingängig sind als das Liebesthema des ersten Films, aber trotzdem ihr spezielles melancholisches Flair besitzen und schon eher mit genretypischen Klängen aufwarten. Um so überraschender wirkt dann Shefters Entscheidung, im dritten Film wieder auf das Liebesthema aus TH EFLY zurückzugreifen, denn aus der Handlung erschließt sich diese Zitierweise nicht. Außerdem wird nun mit Franz Liszts Petrarca-Sonett 104 eines der schönsten Klavierstücke des 19. Jahrhunderts von allen Seiten beleuchtet, teilweise auch recht kitschig orchestriert. Seine Anwesenheit ist der musikbezogenen Handlung geschuldet. Randall Larsson scheint dieses recht berühmte Stück nicht zu kennen, ja hält es für ein klavieristisches Liebesthema «im klassischen Stil» und schreibt es Bert Shefter zu. Dafür wiederholt er nacherzählend Handlungssegmente, die schon in vorhergehenden Teilen des Booklets ausführlich zur Sprache gekommen waren, und man vermißt bei ihm doch den Enthusiasmus, der zu einem solchen Projekt gehört. Ansonsten kann man jedoch nicht klagen, denn mit 56 über und über bebilderten Seiten rechtfertigt schon das Booklet allein den Ankauf dieser fantastischen Edition. Luxuriöse Zeiten, wahrlich.

Matthias  |  2002

 

THE FLY - RETURN OF THE FLY - THE CURSE OF THE FLY

Paul Sawtell, Bert Shefter

Percepto

99:20 | 52 Tracks