Für diese CD mit zwei bisher unveröffentlichten Musiken von Jerry Goldsmith startete Intrada eine Kampagne, um die Aufnahmen in Schottland mit dem Royal Scottish Orchestra und unter dem Dirigat eines grossen Veteranen von exquisiten Filmmusik-Neueinspielungen, William T. Stromberg, finanzieren zu können. Dank der unumstösslichen Popularität des Komponisten und dem erstmaligen Festhalten der beiden Musiken auf Tonträger überhaupt, glückte das Vorhaben.
THE BLACK PATCH (1957) war Goldsmiths allererster Kinofilm, nachdem er seine ersten Sporen in Radio und TV (mit Fernsehfilmen sowie der Serie CLIMAX!) abverdiente. Der Western mit George Montgomery in der Hauptrolle fristet allerdings ein eher unbeachtetes Dasein. Goldsmith schrieb einen knapp 30 Minuten kurzen Score für eine mittelgrosse Besetzung. Da keine Bänder oder andere Tonkonserven mehr existieren, kam es bisher auch zu keiner Veröffentlichung, nicht mal in den 90ern, der Hohezeit von Bootlegs und Ähnlichem – wo nichts ist, kann man auch nichts herausbringen. Umso schöner also, dass und die Partitur vollständig vorhanden war und man nun über diese Premiere verfügen kann.
THE BLACK PATCH eröffnet mit einer zünftigen Fanfare im ebenso energiegeladen «Prologue». Aus dem Rahmen fliegt Track 2 «Player Piano», das unter den Anfangstiteln des Films zu hören ist und nicht von Goldsmith selbst stammt. Bereits mit Track 3 werden wir kurz, gefolgt von Spannungsmusik, in das Liebesthema in «Carl meets Helen» eingeführt. Dieses wird Goldsmith desöfteren verwenden, ist es doch Fundament für den Film, der sich um diese Dreiecksbeziehung dreht («Welcome Helen»). Bisweilen erklingt es leidenschaftlich, dann zerbrechlich und auch hinterfragend. In «Love Reunited» ist das Thema in besonders schöner und feingliedriger Art zu hören, ehe es im Verlauf des Stücks zu voller, wenn auch kurzer Blüte kommt. Selbst in eigentlichen Suspensetracks wie «Lock Up» und «The Fight» ist das Liebesthema präsent. «The Fight» ist das erste handfeste Stück mit Blechbläsern, Schlagwerk, rhythmischem Klavier und aggressiven Streichern. Bereits ist Goldsmiths Handschrift mit den unverkennbaren «ungeraden» Takten zu hören. Mit späteren Ausflügen in das Westerngenre Goldsmiths ist THE BLACK PATCH eher schwierig zu vergleichen. Die Entwicklung als Komponist insgesamt schritt stetig voran und auch die Wild West Filme veränderten sich.
THE MAN ist ein Film aus dem Jahr 1972 nach einem populären Roman und von Rod Serling in ein Drehbuch verwandelt. James Earl Jones ist in der Rolle des ersten schwarzen Präsidenten der USA zu sehen, ein Umstand, wir wissen es, auf den man schlussendlich noch mehrere Jahrzehnte warten musste. Regie führte Joseph Sargent, der Goldsmith 1977 für MACARTHUR holte.
THE MAN wurde von Leigh Phillips ab Film rekonstruiert, da anders als zu THE BLACK PATCH kein Notenmaterial zur Verfügung stand. Der Score eröffnet mit dem eingängigen «Douglass Dilman (Main Titles)», einer beeindruckenden Fanfare für Blech, Holzbläser (vor allem Piccolo) und Schlagwerk. Wirklich gelungen ist sie, diese kurze «präsidiale» und durchaus positiv heroische Musik («The Lincoln Memorial» sowie das sich kurz aufbauende «The Oval Office»). In letztgenanntem Track taucht ein neues Motiv zum ersten Mal auf, jazzig-bluesig gehalten. Nebst den erwähnten Instrumenten wird auch ein Vibraphon und – prominent im Stück «Fishing» – ein Kontrabassfagott eingesetzt. Mit seinen nur 16 Minuten ist THE MAN einer der kürzesten Scores von Jerry Goldsmith überhaupt und es wäre interessant zu erleben, wie sich dieser Umstand im Film, der mir komplett unbekannt ist, macht. Ein grosses Lob an Intrada dafür, die Arbeit auf sich genommen haben, um diesen Score nebst THE BLACK PATCH auf CD zu bahnen.
Ergänzt wird die Veröffentlichung mit einem 24-Seiten starken Booklet mit Liner Notes von Frank DeWald und Douglass Fake.
Phil | 01.04.2022
THE BLACK PATCH / THE MAN
Jerry Goldsmith
Intrada
51:46 | 31 Tracks