Pursued

Review aus The Film Music Journal No. 24, 2000

In Raoul Walshs meisterhaften Western PURSUED (1947) kommt zusammen, was einen großen Film auszeichnet: das psychologisch ambitionierte Drehbuch mit klaren Charakterzeichnungen; die geradezu hysterisch-aufgekratzte Inszenierung; ein glückliches Händchen bei der Wahl der Schauplätze; kontrastreiche Schwarzweißfotografie, die jedem Film Noir zur Ehre gereichen würde; exzellente Darsteller, angeführt von Robert Mitchum und Teresa Wright – und ein Score, bei dem Max Steiner fast alles übertraf, was er bis dahin komponiert hatte. Leider gehört auch dieser Film zu den Opfern der deutschen Synchronmassaker und entbehrt wichtige Teile der Musikspur.

Wer nun darauf hofft, den kompletten Score erwerben zu können, sei darauf hingewiesen, daß die Musik der letzten Filmrolle nicht mehr erhalten ist, weshalb man sich streng genommen noch ein NTSC-Video besorgen und die fehlenden Minuten ergänzen muß, Dialoge dann allerdings inbegriffen. Auch so aber hat Craig Spaulding, Inhaber des Labels Screen Archives, dank seiner Kontakte zur Utah Universität die Möglichkeit beim Schopf gepackt und Steiners PURSUED neu ediert.

Zwar versackten Ende der vierziger Jahre die meisten Western in Billigaction und Klamauk, doch leidet PURSUED gewiß nicht an einem Humor-Überschuß und dürfte mit seinem finsteren Weltbild und den großzügig verteilten Schuld-Scheinen wenigstens einen Teil des zeitgenössischen Publikums schockiert haben.

Steiner präsentiert gleich zu Beginn eines seiner markantesten Hauptthemen, dessen kleiner (seltener: großer) Sextsprung aufwärts zum Emblem des Films und seiner Rätselfragen wird. Auf diesen Einfall greift Steiner häufig zurück, verwandelt ihn dabei ganz nach Bedarf in eine Melodie zur Repräsentation von Sehnsucht, privatem GIück, Kinderwelt oder Schicksalsschlägen. Häufig ist ihr ein punktierter Rhythmus unterlegt, der unschwer an die Hektik zu Pferde gebunden ist; als dritte Schicht fügt Steiner wahlweise chromatische Zwischenschritte ein. Wie so häufig finden sich eingewobene Folklorismen und Übernahmen aus früheren Filmen, aber hier klingt alles etwas sinistrer, pessimistischer als gewohnt. Höre man nur einmal Track 10 mit seinem brütenden Pendelrhythmus und den bedrohlich wirkenden Klavierakkorden.

Schade nur, daß Steiner so selten in diesen Gefühlsregionen gewildert hat. PURSUED entschädigt jedenfalls für manche belanglose Arbeit der späten Vierziger.

Matthias  |  2000

PURSUED

Max Steiner

Screen Archives

53:42 | 22 Tracks