Komponist, Jounalist, Autor und Erfinder George Antheil, der selbsternannte «Bad Boy of Music», war ein Hansdampf in allen Gassen. Bekannt wurde der mit dissonanten und gewalttätigen Klängen auf sich aufmerksam machende Komponist in den 1920er-Jahren durch das Ballet mécanique, doch obwohl er bis zu seinem frühzeitigen Tod im Jahre 1959 weiterhin Konzertwerke und Opern schrieb, vermochte er diesem skandalträchtigen Frühwerk nichts Gleichwertiges mehr folgen zu lassen.
Auch in Hollywood konnte sich Antheil, obwohl er für gewichtige Leuten wie Cecil D. DeMille oder Humphrey Bogart arbeitete, keinen allzu grossen Namen machen, und von seinen knapp 30 Filmmusiken wurde ausser des einen oder anderen Einzeltracks bisher überhaupt nichts veröffentlicht. Die eine Ausnahme bildet Stanley Kramers The Pride And The Passion, der schon auf LP erschien und jetzt zum zweiten Mal auf CD erhältlich ist.
Dieser auf C.S. «Hornblower» Forester basierende Film spielt in Spanien während der napoleonischen Kriege, und da die männlichen Hauptdarsteller Cary Grant und Frank Sinatra ziemlich fehlbesetzt sind, weil sich beide nicht sonderlich für Kostümfilme eignen, stehlen ihnen Sophia Loren und eine monströse Kanone locker die Show.
Von Antheils früherem Enfant-Terrible-Image ist bei diesem Score kaum mehr was zu spüren, wandelt er mit seiner prächtigen und breit angelegten Musik doch auf eher konventionellen Spuren. Wie viele seiner Kollegen liess auch er sich von Spaniens Muse küssen und schwelgt in der reichhaltigen musikalischen Kultur dieses Landes. Vom Panoramasound des Main Title und der leidenschaftlichen Romantik in Juana’s Love Theme, über das sehnsüchtige Miguel’s Theme bis zu den Gitarren in Windmill Camp At Night ist alles beseelt vom iberischen Zauber.
The Pride And The Passion – Bolero ist geformt nach dem bekannten Vorbild von Ravel, bei The British Captain und dem dramatisch eindrücklich aufgebauten Marsch Rescue of the Gun kommt, mit Zitaten von «The British Grenadiers» und «La Marseillaise», der militärische Aspekt zum Tragen. The Procession und Fulfilment and End Titleschliesslich bringen diesen hervorragend gearbeiteten Score durch Beibezug eines Chores zu einem epischen Abschluss.
In eine andere Zeit und einen anderen Teil der Welt bringt uns der charakterlich völlig andere Kings Go Forth, nämlich an die Côte d’Azur gegen Ende des Zweiten Weltkrieges. Hier buhlen die beiden GI’s Frank Sinatra (der einzige Link zwischen den beiden Filmen) und Tony Curtis um die Gunst von Nathalie Wood.
Für Elmer Bernstein war 1958 ein äusserst produktives und auch erfolgreiches Jahr, wo er neben diesem für ein halbes Dutzend weitere Filme die Musik schrieb, die meisten davon sind heute angesehene Klassiker wie Some Came Running, Desire Under The Elms oder The Buccaneer. Daneben geht Kings Go Forth vielleicht fast etwas unter, dabei ist auch dies ein Bernstein von sehr hoher Güte.
Vier Themen bilden das Grundgerüst für diesen Score. Ein robuster und dramatischer Marsch, dessen Dreiton-Motiv dem Liebesthema entnommen sind, Monique, eben dieses Liebesthema, The Riviera, ein ungemein sympathisches und eingängliches Thema, das die schönen und unbeschwerten Seiten des Soldatenlebens beschreibt, und Sam,ein sensibles, bluesiges und meist vom Saxophon vorgetragenes Thema für den Sinatra-Charakter.
Das wichtigste dieser Themen ist Monique, von dem Sinatra auch eine jedoch weder im Film noch auf dem Album verwendete Vokalversion aufnahm, das in sehr gefühlvollen Variationen für Akkordeon und Holzbläser erklingt. Hier und auch insbesondere beim romantischen Höhepunkt Sam And Monique zeigt Bernstein einmal mehr seine Meisterschaft im Schreiben einfühlsamer Musik.
Zwei Jazz-Stücke, das flott vorwärtstreibende Britt’s Blues und das elegant-verführerische Le Chat Noir, bilden den Übergang vom vorwiegend harmonischen ersten zum dramatischeren zweiten Teil. Hier werden die romantischen Themen dunkler, schwanken zwischen Hoffnung und Verzweiflung hin und her und verlieren ihre Unschuld. Daher gibt auch Finale, obwohl im damals hollywoodkonformen Fortissimo endend, nur geringfügig Anlass zur Hoffnung.
Nach dem aktuellen Wissensstand sind die Filmaufnahmen dieser beiden Scores nicht mehr vorhanden. Deshalb musste Bruce Kimmel auf die allerdings hervorragenden LP-Programme zurückgreifen, bei denen er aus Platzgründen je einen, jedoch absolut verzichtbaren Track streichen musste. Dafür konnte er auf die Original-Album-Master von Capitol zurückgreifen, und diese wurden, obwohl nur in Mono, vortrefflich restauriert. Somit präsentiert sich eine nachhaltig zu empfehlende CD sowohl für jene, die die Scores noch nicht kennen und gleich zwei Perlen ins Haus geliefert bekommen, als auch für jene, die ihre alten LPs oder CDs durch klanglich bessere Versionen ersetzen wollen.
THE PRIDE AND THE PASSION KINGS GO FORTH George Antheil / Elmer Bernstein Kritzerland KR 20019-9 78:51 Min. / 23 Tracks Limitiert auf 1000 Stk.