Review aus The Film Music Journal No. 16, 1998
Noch immer ist nur der kleinste Teil des viele hundert Kompositionen – darunter etliche in Zusammenarbeit mit dem Kollegen Frank Skinner entstanden – umfassenden Oeuvres des gebürtigen Österreichers Hans J. Salter auf Tonträgern erhältlich, und von den Marco Polo- Neuaufnahmen abgesehen handelt es sich durchwegs um Überspielungen alter Schallplatten, meist aus dem Privatarchiv Tony Thomas’. Salters Musik, oftmals von rührender Kauzigkeit, doch stets engagiert und abwechslungsreich, melodisch eingängig und hinsichtlich der handwerklichen Gediegenheit mindestens auf einer Stufe mit Max Steiner und Bronislau Kaper, erfreut sich hauptsächlich in Kreisen horrorfilmzugeneigter Nostalgiker großer Wertschätzung, was vor allem seinen Beiträgen zu Universals Frankenstein-, Mumien-, Werwolf und Sherlock Holmes-Reihen zu danken ist.
Die vorliegende CD enthält eine Suite («Horror Rhapsody», 24:32 Minuten) aus jenen Zyklen und weiteren Einzelfilmen, recht geschickt zusammengeleimt. SON OF FRANKENSTEIN, THE MUMMY’S HAND, BLACK FRIDAY und MAN MADE MONSTER, allesamt zwischen 1939 und 1940 gedreht, sind mit Ausnahme des erstgenannten Streifens allesamt mittelprächtige B-Filme.
Salters rasch niedergeschriebene Kompositionen wurden in vielen späteren Filmen noch und noch verwurstet, und wer dergleichen Genretrash liebt, kann seine privaten Ratestunden pflegen, Highlight: der «altägyptische Priesterchor Cura Ananka» (ab der sechzehnten Minute gedeiht die Suite wirklich prächtig), Herzstück einer leider nie geschriebenen Oper THE MUMMY’S HAND. Wem es angehörs jenes Orientalismus «nach Hausmacher Art» die Mundwinkel nicht nach oben reißt, der hat wirklich jeglichen Humor verspielt. So etwas muß man doch einfach in seiner Sammlung haben!
Während diese Horrorstücke aber in nüchternen Stunden sicher nicht Herrn und Frau Jedermanns Daswarspitze-Ruf erkitzeln, überrascht Salter mit der stereo aufgenommenen Partitur zu MAYA (1967) all jene, die meinen, der alternde Komponist habe sich nicht zu entwickeln vermocht. Seine Devise, Musik und Bild müssten eine «Hochzeit» eingehen, konnte er hier allerdings gar nicht verfolgen, denn die TV-Serie MAYA war noch gar nicht gedreht, als er seine muntere Galerie pseudoindischer Folkloristik aufzäumte. Das Wunder daran: Salter zehrte zwar von der dreißigjährigen Routine, ließ sich aber zu allen nur denkbaren Standardsituationen pastose Orchestergemälde einfallen, denen man sich mit Wollust anvertraut.
Nicht immer muß es Kraftprotzerei sein, wie die einschmeichelnde Klarinettenmelodie der Eröffnung beweist. Pentatonische Skalen wechseln mit wilden Verfolgungsjagden, eine Kantilene von seltener Schönheit erfüllt den banalen Titel «Tea and Crumpet», und wenn nach einer guten halben Stunde das teilweise auch humoristische Programm vorbei ist, beeilt man sich, die Retourkutsche anzuspannen. Wozu mit Neckermann nach Indien gondeln? Hier öffnet sich der akustische Reiseprospekt, sehr bunt und farbecht dazu!
Diese Platte ist die positive Überraschung eines insgesamt mauen Sommerhalbjahrs!
Matthias | 1998
MAYA / HORROR RHAPSODY
Hans J. Salter
Citadel
56:38 | 20 Tracks