THIBAUD OU LES CROISADES
Georges Delerue, Music Box Records
Nur wenige Minuten unterscheidet die neue Music Box Records Version von Thibaud ou les croisades, eine TV-Serie, die im 12. Jahrhundert während des ersten Kreuzzugs spielt, von der alten Prometheus CD (die immerhin mit einem hübscheren Cover besticht). Die Tonqualität ist gegenbüber der Prometheus hörbar besser ausgefallen, Pluspunkt Music Box!
Delerue wählte für seine Musik ein Instrumentarium, das sowohl die Zeit (Holzbläser, Harfe), die Orte (exotische, türkisch-arabisch angehauchte Musik) wie auch die Kreuzritter (grössere Besetzung, mehr Schwung und Noblesse: „La marche des Croisés“) repräsentieren soll. Entzückend das Harfenstück „Nocturne“. Eine wunderbare Musik des Franzosen.
Als zweiter Score ist Fortune auf der CD zu hören, eine mir bis anhin völlig unbekannte Serie über die Abenteuer des Schweizer Auswanderers Johann A. Sutter, der in Kalifornien den Goldrausch auslöste. Die Musik ist äusserst ruhig, vielleicht, wenn man das so sagen darf, etwas schwachbrüstig und lässt auch das ein und andere Westernidiom wie Gitarre, Saloonpiano und Mundharmonika nicht aus. Sicher der schwächere der beiden auf der CD enthaltenen Scores.
3.5, Phil
VIKINGS Season 3
Trevor Morris, Sony
Die Wikinger sind wieder los. Komponist Trevor Morris hat auch für die 3. Staffel der Serie Vikings (2014) die Musik komponiert. Dabei bleibt er dem dunklen, kühlen, atmosphärischen Stil der Musiken für die ersten beiden Staffeln treu. Im Booklettext schreibt er, dass er dieses Mal sogar „noch dunklere, kantigere und elektronischere“ Musik schreiben durfte. Das Resultat ist fordernd und mit einer erneut brechend vollen CD-Präsentation viel zu lang geraten. Seit der ersten Staffel überrascht der gewählte, moderne Musikstil, doch passt dieser gut zu den Bildern. Als reines Hörerlebnis hingegen ist die Musik wohl nur für ganz hartgesottene Fans des Komponisten und/oder der Serie interessant. Gelegenheitshörern wird sich hier nichts Spannendes eröffnen. Auch ein eingängiges Thema ist selbst nach gut 4 Stunden an veröffentlichter Vikings-Musik nicht auszumachen. Immerhin gibt’s auf dieser CD ein paar interessante Vocal-Einlagen (von Gesang kann man nicht in jedem Fall sprechen). Das ist ernüchternd; besonders, da man weiss, dass Morris wunderbare Melodien schreiben kann (siehe seine Musik zu The Tudors (2007–2010) und The Borgias (2011–2013)).
2, Basil
THE AVIATOR
Dominic Frontière, Intrada Special Collection
The Aviator, Frontieres wunderbar melodische, schwelgerische Musik, die an Scores aus einer vergangenen Zeit erinnert, enthält auf dieser Intrada CD um einiges mehr Material als die voran gegangenen Varèse Sarabande und LaLa-Land Scheiben (diese teilte eine CD auf ingsesamt 3 Frontiere Scores auf). Zeit also die alten CDs endgültig im Regal zu belassen.
Die Musik ist ausschweifend romantisch und von einem starken, ominpräsenten Hauptthema umgeben. Mit dem Martin Scorsese Film aus dem Jahr 2004 hat der Film von George Miller (Neverending Story II) nichts zu tun: Christopher Reeve spielt einen Postflieger in den 1920er Jahren, der den Auftrag erhält eine junge Dame zu transportieren. Doch das Flugzeug stürzt in der Wildnis ab und für die beiden grundverschiedenen Charaktere beginnt ein Überlebenskampf. Frontières Komposition begleitet das Abenteuer mit berauschender Musik für die Flugszenen, die Beziehung der beiden Havaristen und perkussiven Elementen für ein Wolfsrudel, das es auf zweibeinige Beute abgesehen hat. Ein richtig feiner und im allerbesten Sinne „altmodischer“ Score.
4, Phil
THE LONGEST RIDE
Mark Isham, Milan
Eine Nicholas Sparks Verfilmung zweier Schicksale, die sich zufällig kreuzen. Der Film scheint recht zuckrig mit einem gehörigen Schuss Drama, zumindest lässt das Mark Ishams Musik teilweise erahnen, dem ein Erfolg zu gönnen ist: The Longest Ride tauchte in den Staaten immerhin kurzzeitig in den US-Kino Top 10 auf. Isham beginnt mit Klavier, Harfe, Pizzicatostreichern in „Ruth and Ira“, später sind es Keyboards („In the Saddle“), E-Gitarren („Picnic“, „Date Ends Early“) und akustische Gitarren und Klavier über leisen Synthieflächen („Calling Luke“). Das Orchester, zumeist ausschliesslich Streicher, tritt so richtig erst mit Track „Good Shabbos“ in Erscheinung. Romantisch mit dem oben erwähnten Zuckerguss ist „Black Mountain“ und das letzte Drittel des Scores, allerdings mit der üblichen Streicher/Piano unisono Masche. Schliesslich und endlich: Ganz nett, aber ereignislos bis auf die letzten ein, zwei Tracks.
3, Phil
MAX
Trevor Rabin, Sony
Max (2015) von Regisseur Boaz Yakin erzählt die Geschichte eines Marine-Einsatzhundes, der vom Dienst abgezogen werden muss, nachdem sein Herrchen im Einsatz umgekommen ist. Zuhause will sich der jüngere Bruder um den posttraumatisch gestörten Hund kümmern, was der Anfang einer grossen Freundschaft ist. Die Musik schrieb Komponist Trevor Rabin und das Ergebnis ist kurzweilig und amüsant geraten. Letzteres irritiert zwar, zumal die Handlung des Films dramatisch ist, beschert dem Hörspass jedoch keinen Abbruch. Amüsant ist die Musik dahingehend, da sie klingt wie eine Rabin-Musik aus den 1990er Jahren – mit teils grausig altmodischen Orchester-Synthesizer-Kombinationen. Macht er das absichtlich? Man muss es hoffen! Abgesehen von dieser Eigenart bietet der Soundtrack ein nettes Hauptthema, adäquate Marine-Pathos-Passagen, eine Prise Melodramatik und auch rasante, verspiele Momente. Und all dies komprimiert auf 37 Minuten. Kein Überflieger, aber kurzweilige Unterhaltung.
3, Basil
MISSION: IMPOSSIBLE-ROGUE NATION
Joe Kraemer (LaLa-Land Records)
Nach dem durchaus gefälligen Michael Giacchino Effort für Teil 3 kommt mit Kraemer ein Komponist zum Zug, der zwar kein Neuling ist (immerhin schreibt er seit Mitte der 90er Jahre Filmmusik), aber so richtig erst mit Jack Reacher (ebenfalls mit Tom Cruise) in Hollywoods Blockbusterliste aufgetaucht ist. Zuvor arbeitete Kraemer vermehrt fürs TV oder tummelte sich auch schon mal im Gruselgenre. Sein Mission: Impossible-Rogue Nation ist ein richtig dufter Lalo Schifrin Abkömmling – soll heissen Schifrins TV-Thema findet sich hier immer wieder, zumeist offensichtlich aber auch mal etwas subtiler eingebaut. Sicher ist Kraemers Musik kein sonderlich eigenständiges, dafür aber ein umso unterhaltsameres Werk. Absolut möglich, dass man in den nächsten Jahren von diesem Komponisten den ein oder anderen Genrefilm mehr zu hören bekommen wird.
3.5, Phil
PATERNITY
David Shire, Kritzerland
1981er Komödienvehikel mit dem damaligen Kinomagneten Burt Reynolds,
Beverly d’Angelo und Lauren Hutton. David Shire passte sich den Veränderungen
an, die die Zeit mit sich brachte: Elektronische Beigaben und etwas Orchester.
Ein wenig Mischmasch bleibt das Ganze (über das schreckliche „Baby Talk“
Gesinge hüllen wir einen ganz dicken Mantel des Schweigens…), vom netten
Liebesthema über Big Band Klänge, doch dort wo Shire mehr zum Zuge kommen kann,
hat Paternity seine besten Momente.
Kritzerlands Veröffentlichtung ist eine Premiere, obwohl damals eine
LP-Auskopplung geplannt war, der Misserfolg des Films liess die Pläne in Luft
aufgehen. Viel Shire kriegt man nicht was die Laufzeit angeht, noch ein paar
Bonuse (mit dem eindeutig besseren „Main Title“ als instrumentale Version).
That’s it. Eindeutig ein Sammlerstück für Shire-Fans!
2.5, Phil
5 FLIGHTS UP
David Newman, MovieScore Media
Leichtigkeit mit einem Schuss Drama ist die Devise in diesem hübschen Score, den David Newman für 5 Flights Up fabriziert hat. Subtil, klein – auch in der Besetzung -, so dominieren Streicher, Klavier und Gitarre für diesen Film von Firewall Regisseur Richard Loncraine mit Morgan Freeman und Diane Keaton über ein älteres Ehepaar, das ihr Leben lang in ein und dem selben Apartement gelebt hat und nun umzieht. In „Young Peoples Building“ ist zu Beginn ein Synthesizer zu hören, bevor Klavier, Gitarre und Pizzicatostreicher in die Stimmung eingreifen. Mit einem Hauptthema im 3/4 Takt („Rooftop Gardening“) bringt Newman gleichzeitig Schwung und einen Schuss Humor in die Szenerie. Zieht man die beiden Stücke „I Was Younger“, „Ritrovarsi“ und „Blue Bar“ ab, die musikalisch aus dem Rahmen fallen, so bleibt bei diesem eh schon kurzen Score nicht mehr allzu viel übrig, deshalb die etwas tiefere Note.
2.5, Phil
21.8.2015