THE GHOST AND THE DARKNESS
Jerry Goldsmith, Intrada
Fast 20 Jahre ist es her als Stephen Hopkins Verfilmung der auf Tatsachen
beruhenden Geschichte über zwei Löwen, denen Ende des 19. Jahrhunderts über 100
Menschen zum Opfer gefallen sein sollen in die Kinos kam. Nun ist die Zahl
scheinbar eher in die Welt der Legenden einzuordnen und auch Hopkins nimmt sich
die Freiheit ein bisschen an der Geschichte zu drehen, was nicht zuletzt mit
der Besetzung von Michael Douglas, der ursprünglich den Film nur produzieren
wollte (für seine Rolle war eigentlich Sean Connery vorgesehen), zu tun hat.
Eines ist Fakt, nämlich wie sehr sich das einstige Album vom Score auf CD 1
doch unterscheidet. Wirklich frapant und auch wohltuend, denn so erhält der
geneigte Hörer doch die Möglichkeit beinahe nochmals etwas Frisches aus der Feder
von Jerry Goldsmith zu hören. Der Score ist weit weniger opulent und für ein
reines Hörerlebnis konzipiert als auf der alten Hollywood Records CD und die
afrikanischen Stilmittel sind zwar nicht weniger aber zurückhaltender
eingearbeitet. Spannend. Die knapp 70 Minuten (plus diverse Extras) Ghost
and the Darkness lohnen sich also nicht nur für den Goldsmithfan.
Lohnenswert!
4, Phil
PEUR SUR LA VILLE
Enno Morricone, Music Box Records
Spielzeit und Inhalt dieser Music Box Records CD sind identisch mit den Alben von GDM und SLC aus Japan. Wer also eine davon hat, muss sich diese Scheibe nicht wirklich besorgen.
Nebst dem unverkennbaren Morricone Titelthema in „Peur sur la ville“ gibt es so einige Spannungstracks, die einiges seiner Thrillermusiken zu unter anderem The Untouchables vorwegnehmen plus ein etwas spezielles Stück, „Une bouffée de radio“ mit gesungenen Aah-ah-ahs und oh-oh-ohs einer scheinbar vergnügten Dame, das man nicht unbedingt abspielen sollte, wenn die Besuch im Hause ist. Auch hat Peur sur la ville ab und an durchaus den Klang eines Spaghettiwesterns, das ist aber nicht mal so unpassend, Belmondo als moderner Sheriff und ein fieser Bösewicht, der die Stadt, in diesem Falle eben Paris, unsicher macht. Wieso nicht?
3, Phil
APRIL FOOL’S DAY
Charles Bernstein, Varèse Sarabande LP to CD
Die erste Scheibe der LP to CD Subscription Series, die mit der lustigen roten Varèse Aufbewahrungsbox ausgeliefert wurde, war Charles Bernsteins April Fool’s Day. Der Film ist ein „zehn kleine Indianer“ Horrorfilm ganz im Fahrwasser von Halloween und Friday the 13th, wie sie Mitte der 80er nicht zuletzt auch dank Nightmare on Elm Street wieder vermehrt auf Zuschauerinteresse stiessen – auch zu letzterem schreib Charles Bernstein übrigens die Musik.
Musikalisch muss man sich auf einen reinen Synthesizerscore gefasst machen, aus einer Zeit in der die digitalen Tasteninstrumente und die MIDI-Schnittstelle Fuss fassten und Musik (nicht nur, aber auch Filmmusik) umzukrempeln begannen. Und so pfeift und dümpelt und effektelt Bernsteins Musik vor sich hin, manchmal mit einem Hauch Melodie („Hack in the Box“), mit unverkennbarem 80er Sound und weniger als wirkliches Hörerlebnis im Ohr bleibend.
Man glaubt es kaum, aber selbst ein unbekannter Film wie April Fool’s Day kam in die Remakemühle und wurde 2008 tatsächlich neu verfilmt.
Die CD wird übrigens wie einst die LP im Kartonschuber und mit dem identischen Artwork versandt. Die Nächste wird Gabriel Yareds Invitation au Voyage sein.
1, Phil
LE CASSE
Ennio Morricone, Music Box Records
Ein weiterer von vielen Filmen mit Jean-Paul Belmondo für die Ennio
Morricone die Musik schrieb ist Henri Verneuils (siehe weiter oben auch Peur
sur la ville) Le casse mit dem kürzlich verstorbenen Omar Sharif.
Anders als die deutlich „maskulineren“ späteren Arbeiten für Belmondo Filme
dreht sich Morricones Musik hier mehr um die Romanze und die Aspekte neben
Autoverfolgungsjagd und anderen kriminellen Tätigkeiten (Belmondo spielt einen
gewitzten Einbrecher, der von einem korrupten Polizisten – Sharif – gejagt
wird). Morricones Musik ist eine recht vergnügliche, locker flockige Sache mit
einem feinen Liebesthema („Thême d’amour“), dem wohl unverkennbaren „Rodéo“
plus was soll man schon an einem typischen Anfangs70er Track wie „Ma non troppo
erotico“ mit seinem herrlichen Jazzschmiss aussetzen? Ob man sich allerdings,
sollte man die Musik schon in anderer Form haben, nur wegen der zwei
alternativen Stücken und vier Liedern (wobei zwei gesungen von Mireille
Mathieu, das kann schon mal ein Grund sein 😉 ), diese Music Box Records
Veröffentlichung zulegen muss, sei dahingestellt.
3.5, Phil
KILLING SEASON
Christopher Young, Intrada
Eine der grössten Überraschungen des bisherigen Filmmusikjahres ist Christopher Youngs Killing Season. Für den kaum gesehenen Film mit Robert DeNiro und John Travolta vom Regisseur von Ghost Rider, Daredevilund When in Rome schuff Young in seiner dritten Arbeit für Mark Steven Johnson einen erstaunlich elegischen und melodischen Score, der die Elemente Thriller und Action weit weniger bedient als man es vom Inhalt her erwartet hätte: Zwei Veteranen des Bosnienkrieges, die in den Appalachian Mountains aufeinandertreffen, der eine ein einstiger US.Colonel, der die Vergangenheit abgeschieden in den Bergen hinter sich lassen will, der andere ein Serbe, der mit diesem eine Rechnung offen hat.
Die 43 Minuten Musik auf der CD hat Young in vier längere Suiten zusammengefasst um ihr ein deutlicheres Konzertfeeling zu verpassen, wie er im Booklet ausführt. Beginnend mit dem wunderschönen Hauptthema für Cello (das zum Teil für die CD neu aufgenmommen wurde) und Orchester in sanftem Americana oder wie in Track 2 startend, mit Stimme und Cello, ehe Young kurzzeitig à la Hard Rain aufzudrehen beginnt und später ethnische Klangtechniken einfliessen lässt, ist sein Konzept durchaus gelungen. Nebst dem Solocello sind auch Instrumente wie die Irish Harp und Duddelsack zu hören. Wundervoll gelungen ist der Abschluss mit „Part Three“.
Killing Season ist wohl Youngs beste Arbeit seit The Core, schade, dass sie für einen Film entstand, der kaum Interesse generiert hat. Danke an Intrada für den Mut, diesen Score dennoch herauszubringen.
4, Phil
21.7.2015