kurz und knapp 20

Ein kleines Jubiläum dürfen wir mit der 20. Ausgabe von „kurz und knapp“ feiern, ein Art der Verarbeitung von Reviews, die uns erlaubte den Stapel an CDs, wo die Zeit für ausführliche Rezensionen fehlte, abzuarbeiten. Aber tauchen wir doch gleich ein in eine frische Riege an Kurzrezis.

 

POLTERGEIST II: THE OTHER SIDE
Jerry Goldsmith, Intrada

Was ist es nun, die 4. oder 5. Ausgabe von POLTERGEIST II, die sich mit dieser Intrada Doppel-CD ISC 370 inzwischen in mein Regal schiebt? Nachdem Kritzerland fast schon die perfekte Veröffentlichung, nämlich die Analogbänder und den Score in Gänze ablieferte, packt Intrada nun beides zusammen. Digitale Abmischung (einst für die Soundtrackveröffentlichung gemacht) und die analogen Bänder (für die Filmabmischung). Plus alles was man eben noch so finden konnte, inklusive 61 Minuten Bonusmaterial auf CD 3: die instrumentalen Tracks ohne den Chor sind es, die hier vorherrschen. Ach ja, und natürlich kann man sich nun „Late Call – Part I“ wieder mit Klingelton anhören, die Variante ohne Telefonläuten wurde zu den Extras verschoben – böse Zungen behaupten, dass in 6 Jahren wahrscheinlich genau das Umgekehrte veröffentlicht wird. Zuvor aber haben wir Hörer hier nun die Auswahl des favorisierten Tonformats. Im Booklet gibt sich Intrada übrigens klugerweise nicht ein weiteres Mal dem Film hin, interessant ist etwa die Anekdote mit dem Vertrieb, der einst, als das Label die LP zum ersten Mal veröffentlichte, dafür besorgt gewesen wäre, die Scheibe unter die Leute zu bringen, dabei aber Intrada nach Strich und Faden beschissen hat.
Phil

 

 

THE EMOJI MOVIE
Patrick Doyle, Sony

Für THE EMOJI MOVIE (2017) arbeitet Komponist Patrick Doyle nach IGOR (2008) zum zweiten Mal mit Regisseur Tony Leondis zusammen. Während der Animationsfilm bei Kritikern und Publikum auf wenig Gegenliebe gestossen ist, vermag die Musik von Doyle doch ganz ordentlich zu unterhalten. Gemäss dem Thema kombiniert Doyle sein kompositorisches Können für orchestrale Musik mit einer gelungen abgemischten Dosis Retro-Synthesizer, die der Musik etwas Niedliches, Digital-hypernervöses verleiht – passend zum Film. Dazu kommt ein ordentlich prägnantes Hauptthema für das Emoji Gene, viel Action-Musik mit schwirrenden Streichern und scharfem Blech und immer mal wieder überraschende Comedy-Einwürfe mit Mariachi-Passagen und Kurzzitaten bekannter Melodien wie “Jingle Bells” oder “Waltzing Mathilda”. Sogar einen Emoji-Klingelton hat Doyle beigesteuert. Wer hätte solche Kompositionen von einem Komponisten wie Doyle noch erwartet… Sicherlich, die Fans von Doyles dramatischeren Arbeiten wie jüngst der schöne Score zu A UNITED KINGDOM (2016) oder die wohl in Aussicht stehende Musik zum Remake von MURDER ON THE ORIENT EXPRESS (2017) werden in THE EMOJI MOVIE wohl keinen Evergreen finden, aber Spass macht die Musik allemal und sie zeugt davon, dass sich der Komponist noch immer in vielen Genres zu engagieren weiss.
Basil

 

 

MEGAFORCE
Jerold Immel, BSX

Nicht mehr ganz taufrisch (dei CD stammt von 2011), aber immer noch spannend genug, das ist BSX’s Veröffentlichung von Jerold Immels MEGAFORCE, einem fürchterlichen Trash aus dem Jahr 1982 mit fliegenden Motorrädern, hautengen Anzügen und einem himmelschreiend schlechten Drehbuch, inszeniert von Burt Reynolds Freund und Stuntman Hal Needham. Der Film brachte deutlich mehr im Videomarkt ein als an den Kinokassen – mit den VHS-Kassetten, so schlecht die Filme auch waren, war damals richtig Geld zu machen. Gut aufgemacht standen sie in den damals noch nicht so üppig bestückten Regalen der Videotheken. Immels Musik ist eine gar nicht mal so schlechte Angelegenheit, eine Mischung aus Orchester und Elektronik, mit von der Partie war auch Craug Huxley, der Blaster Beam Mann aus Star Trek-The Motion Picture (übrigens auch mit von der Partie aus eben diesem Film: Persis Khambatta, die die kahlköpfige Lieutenant Ilia spielte). Immel, meist im TV beschäftigt und sicherlich am bekanntesten für sein süffiges DALLAS TV-Thema, hat eine kurzweilige, unterhaltsame Musik hingelegt, die sich auch 25 Jahre später immer noch ganz witzig und flott anhört, auch in dieser damals vom komponisten bereit gestellten Programmierung für ein geplantes Soundtrackrelease, aus dem nichts wurde. Und beim Betrachten des Booklets und der Bilder tauchen sie wieder auf, die Erinnerungen an einen richtig schlechten Film.
Phil

 

 

IT
Benjamin Walfisch, Water Towers Records

Mit IT (2017) von Regisseur Andy Muschietti erhält die TV-Serie von 1990, basierend auf dem Bestseller von Stephen King, ein grausiges Remake. Ein Dämon wütet seit Jahren in der Gestalt eines Clowns im amerikanischen Städtchen Derry. Die Filmmusik zu diesem taffen Horror-Thriller komponierte Benjamin Wallfisch, wobei er sich musikalisch nicht an der Musik von Richard Bellis für die TV-Serie orientiert. Das Ergebnis ist originell und höchst effektiv, fordert dem Hörer mit vielen Streicher-Dissonanzen, Bläser-Attacken und horrend manipuliertem Kindergesang jedoch sehr viel ab. Bis auf wenige Passagen mit melodiösen Themen für die Stadt Derry und die beiden Charaktere Georgie und Beverly erzeugt Wallfisch mit moderner Orchestermusik und viel Sounddesign nicht selten markerschütternden Horror. Aufgrund von Over-Dubbing und Soundmanipulation nach den Aufnahmen ist das Ergebnis auch in Volumen, Klang und Dichte übermächtig und erdrückend geworden – ganz absichtlich, denn die hier erzeugte Bedrohung sollte keinesfalls zurückhaltend sein. Damit lässt er den Kinogängern und geneigten Hörern das Blut in den Adern stocken und macht somit für das vorgesehene Format alles richtig, doch im heimischen Wohnzimmer dürfte die Musik von niemandem wirklich genossen werden – ausser fürs Studium effektiver Horror-Filmmusik.

Damit liefert Wallfisch nach A CURE FOR WELLNESS, BITTER HARVEST und ANNABELLE: CREATION bereits sein vierte grossangelegte Solo-Filmmusik für 2017 ab – alles handwerklich eindrücklich, doch bis auf BITTER HARVEST als reines Hörerlebnis wenig reizvoll für wiederholtes Abspielen.
Basil

 

 

THE BASIL POLEDOURIS COLLECTION Vol. 2
Prison for Children / Single Bars, Single Women
Basil Poledouris, Dragon Domain

Zwei mir völlig unbekannte Filme sind auf Vol. 2 der BASIL POLEDOURIS COLLECTION vereint. Zum einen PRISON FOR CHILDREN, ein TV-Film aus dem Jahr 1987 (es geht um einen zu 21 Jahren Haft verurteilten Jungen, der seine Flucht plant) und der von 1984 stammende, etwas speziell getitelte SINGLE BARS, SINGLE WOMEN mit Tony Danza und Paul Michael Glaser. Beide Scores sind sich durchaus ähnlich, eher ruhige Gesellen eines sonst für seine packende Dramatik und auschweifende Orchestrationen bekannten Komponisten. Allerdings hinterlassen beide Musiken nicht einen wirklich bleibenden Eindruck, nett gemacht, durchaus süffig, aber eben nicht mehr und so darf man dieses Vol. 2 ähnlich wie schon Vol. 1 doch eher als Sammlerstück betrachten.
Phil

 

 

THE BIG SICK
Michael Andrews, Varèse Sarabande

THE BIG SICK (2017) von Regisseur Michael Showalter erzählt vom pakistanischen Komödianten Kumail und der Amerikanerin Emily. Ihre junge Liebe wird auf die Probe gestellt, als Kumail von seiner arrangierten Hochzeit mit einer anderen Pakistanerin erzählt. Doch als Emily mit einer schweren Krankheit im Spital landet, kann Kumail seine Gefühle nicht mehr zurückhalten und will ihr im Spital zur Seite stehen. Doch damit ist er mit Emilys erbosten und besorgten Eltern konfrontiert.

Die Komödie erhielt viel Kritikerlob für ihr delikates Spiel mit Humor und Gesellschaftskritik. Es ist denn auch keine laute, stürmische Rom-Com geworden, sondern eine melancholische Liebesgeschichte. Die Musik von Michael Andrews reflektiert dies, indem auch sie zart und unaufdringlich daherkommt. Kein grosses Orchester, keine schmachtenden Melodien – urbane Klänge, mit bisschen fernöstlicher Perkussion, Gitarre, Klavier und Synthesizer. Das Ergebnis passt bestens zum Film, ist jedoch routiniert in der Ausführung und verblasst als reines Hörerlebnis schnell.
Basil

 

21.9.2017

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