kurz und knapp 1

MAN HUNT 
(Alfred Newman/David Buttolph), La-La Land Records
Von einem vermeintlichen Hitler-Attentäter, der von den Nazis geschnappt wird, handelt Man Hunt von Fritz Lang. Die Musik schrieb Alfred Newman mit Unterstützung von David Buttolph. Der im dramatischen Bereich eher zurückhaltende Score (nur wenige teutonische Marschklänge) baut seine Spannung primär mit einem achtnotigen «Stalking Theme» auf, während die Romantik in erster Linie auf dem populären britischen Song «A Nightingale sang in Berkeley Square» fusst, der zwei Jahre vor dem Film geschrieben worden war. Insgesamt ein solider Score, der insbesondere mit seinem für 1941 erstaunlich guten Klang überrascht. 
3, as


AUTOMATA
 
(Zacarias M. De La Riva), Moviescore Media
Eine der interessantesten neuen Kompositionen 2014 ist De la Rivas Automata für den Science Fiction Film von Gabe Ibanez mit Antonio Banderas, Melanie Griffith und in einer kleinen Rolle Javier Bardem. Die Musik des Spaniers, der am Berklee College of Music studierte, begeistert mit komplexen orchestralen Passagen, mit manchmal Goldenthal’scher Intensität, dramatischen choralen Elementen, das alles gut gemacht und mit Verve komponiert. Eine Musik, die ohne ständig überlagernde Rhythmen aus der Elektronikkiste auskommt, also eine durch und durch interessante und sehr vielversprechende Filmmusik eingespielt vom Bulgarian Symphony Orchestra und dem Johanneberg Vokalensamble.
3, pb


REAR WINDOW 
(David Shire), Moviescore Media
Einer der stärksten Trümpfe dieses TV-Remakes des Hitchcock-Klassikers ist die Musik von David Shire. Für den von Christopher Reeve gespielten Hauptcharakter verwendet Shire ‒ um dessen durch Lähmung hervorgerufene Bewegungslosigkeit zu beschreiben ‒ ein Einton-Motiv, das jedoch dank vieler Rhytmus- und Harmoniewechseln längst nicht so eintönig klingt, wie man befürchten könnte. Nach einem idyllischen Beginn (abgesehen von metallisch klingenden Synthesizer-Schlägen für den Bösewicht), bei dem sich vor allem Gitarre und Holzbläser profilieren dürfen, taucht der Komponist genüsslich in eine Welt voller Suspense und Film-Noir-Klängen. Die werten den Film zweifellos auf, sind aber als reiner Hörgenuss zuweilen keine ganz einfache Kost. Der Score gehört zu Shires eigenen Favoriten 
3.5, as


MY SCIENCE PROJECT
(Peter Bernstein), Intrada 
In die Ecke fantastischer Teenie-Filme, die die Welt in den 80ern scheinbar desöfteren brauchte, wie sie aber damals fast wie am Fliessband produziert wurden, könnte man Touchstones My Science Project einordnen. Peter Bernsteins Score pendelt zwischen pfundiger Sinfonik und recht häufig auftauchenden, etwas nervigen Pop-Elektrogitarren-Cues. Kann man über letzteren stehen, so bleiben unterhaltsame Stücke und Actionpassagen, über die man sich freuen kann. Insgesamt durch die kunterbunte Mischung von Styles aber ein durchwachsenes Hörerlebnis.
3, pb


NO MAN OF HER OWN / THUNDER IN THE EAST / WILD HARVEST 
(Hugo Friedhofer), Intrada
Diese CD enthält drei charakterlich unterschiedliche Filmmusiken, die Friedhofer zwischen 1947 und 1952 für Paramount Pictures schrieb. No Man of her own, ein Film Noir mit Barbara Stanwyck, ist mit gut 27 Minuten der längste der hier vertretenen Scores, und auch stimmungsmässig der reichhaltigste. Beim in Indien spielenden Thunder in the East kommt des Komponisten feines Händchen fürs Östlich-Exotische zum Einsatz, wie wir es etwa auch aus The Rains of Ranchipur oder The Barbarian and the Geisha kennen. Wild Harvest schliesslich, ein im Weizenanbau angesiedeltes Drama, könnte mit seinen währschaften, coplandesken Klängen durchaus auch einem Western entstammen. Da dieser älteste der hier vertretenen Scores von Azetaten transferiert werden musste, sind mehr klangliche Defizite in Kauf zu nehmen als bei den anderen beiden. Nichtsdestotrotz ist dies eine ganz nette CD, wenn auch wohl eher für Friedhofer-Komplettisten. 
3.5, as


MISTER MOSES 
(John Barry), Prometheus
Mit Mister Moses hat Luc Van de Vens Prometheus ein Re-recording aus John Barrys früher Schaffensphase (1965) produziert. Eingespielt wurde mit den routinierten Pragern unter Nic Raine, der auch für die Ausarbeitung der Partitur besorgt war (es war keinerlei Notenmaterial vorhanden). In Mister Moses spielt Robert Mitchum einen hinterhältigen Verkäufer von Wundermitteln und Diamantenschmuggler, der seine Ware im afrikanischen Busch verhöckert. Barry hat einen witzigen kleinen Score geschrieben, der sich hauptsächlich um ein Thema dreht und mit afrikanischen Klangfarben spielt. Sicher kein grosser Wurf von Barry, aber eine nette Dreingabe für Sammler und Fans des Komponisten.
3.5, pb


CHILD’S PLAY / FIRSTBORN 
(Michael Small), Intrada
Sidney Lumets Child’s Play (1972) spielt in einer katholischen Knabenschule und gibt Michael Small die Gelegenheit zu einem äusserst wirkungsvollen, oft an unseren Urängsten rüttelnden Horror-/Mystery-Score, der mit Knabenchören, die lateinische Gesänge geistlicher Natur intonieren, tiefen, archaischen, direkt der Unterwelt entstiegen scheinenden Männerstimmen sowie avantgardistischen Klängen mit tollen perkussiven Effekten und einer Teufelsgeige überzeugt. 
Das 1984 entstandene Familiendrama Firstborn hält ein gefühlvolles, für den Komponisten typisches Klavierthema bereit, das vor allem den Anfang des Scores versüsst. Im Grossen und Ganzen hat man es aber mit einem leicht den 1980er-Jahren zuordbaren Klangkosmos zu tun, der aus Orchester, Rockgitarren und mal mehr, mal weniger subtil zu Gehör gebrachter Elektronik besteht und nicht zu Smalls Sternstunden gehört.
4 / 2.5, as


FOR WHOM THE BELL TOLLS 
(Dimitri Tiomkin), Varèse Club
Neu aufgelegt in der Form wie sie bereits zuvor veröffentlicht wurde (zB. von Disques Cinémusique etc.), also als Einspielung aus dem Jahr 1958 unter Ray Heindorf für eine LP, die einzig und alleine Frau Bergman auf dem Cover zeigte, begeistert die wundervoll opulente, romantische und teils mit spanischen Klängen versehene Musik zu For Whom the Bell Tolls von Victor Young. Ein schwelgerisches Werk aus dem Jahr 1958 zum Drama, das im spanischen Bürgerkrieg der 30er Jahre spielt, mit Gary Cooper und Ingrid Bergman in den Hauptrollen; neunfach für den Oscar nominiert, darunter auch Youngs Musik, errang nur die damals völlig unbekannte Katina Paxinou eine Statuette. Hoffen darf man vielleicht dennoch irgendwann auf eine Veröffentlichung des Scores in voller Länge und so die Musik irgendwie überlebt hat, in ihrer Originaleinspielung.
5, pb