Der Wilde Westen so wie es sich niemand anderes als Hollywood hätte vorstellen können, das ist die Mammutverfilmung How the West was Won. Gleich drei Regisseure, niemand geringeres als John Ford, Henry Hathaway sowie George Marshall, nahmen sich den verschiedenen Handlungssträngen an, die durch die Schwestern Prescott miteinander verlinkt sind. Vom Verlangen im Westen ein besseres Leben zu finden, der Gier nach Gold in Kalifornien, dem Bürgerkrieg über die einschneidenden Veränderungen für die Eingeborenen, die das stampfende „eiserne Ross“ mit sich brachte, bis hin zum unvermeidlichen Eisenbahnraub und dem Shootout zwischen Gut und Böse. Das alles fasst James R. Webb in seinem Drehbuch, das etwas unverständlich mit einem Oscar prämiert wurde, zusammen und die Regisseure verpackten es mit einem riesigen Aufgebot an Stars zu einem bildgewaltigen Leinwandspektakel.
Das Cinerama-Panorama
Cinerama war ein Zauberwort, das damals das Publikum weg von den kleinen Flimmerkisten und zurück ins Kino bringen sollte. Drei synchron laufende 35mm Kameras nebeneinander montiert und mit einer 27mm Festbrennweitenoptik ausgestattet, sollten ein umwerfendes Bild auf die Leinwände zaubern. Um das 2.89:1 Format aber auch ohne die zwei störenden Streifen im Bild, die der aus drei Filmstreifen zusammenkopierte Endträger in normalen Kinos auf den Silverscreen warf, geniessen zu können, musste man in ein Cinerama Kino. Und davon gab es nie besonders viele. Schliesslich wurden auch nur zwei Spielfilme in diesem Format produziert: Neben Westwar das The Wonderful World of the Brothers Grimm. Cinerama wurde wegen der Aufwändigkeit bald durch Super-Cinerama 70mm Filme ersetzt.
How the West was Won ist ein Vehikel für dieses damals vor allem für Reise-Dokus verwendete, neue Format. Schon die Anfangsbilder nach der Overtüre zeigen zu welch wunderbaren Panoramabildern bei hervorragender Tiefenschärfe Cinerama fähig war. Kein Wunder, dass unter der ganzen Optiksache der Film inhaltsmässig doch sehr litt und die fast 160 Minuten sich manchmal ganz schön klebrig hinziehen. Auch die Ausgewogenheit bei den einzelnen Geschichten ist nicht gegeben. Während etwa der Krieg zwischen den Nord- und Südstaaten in aller Kürze mit einer Begegnung mit General Sherman und General Grant und ein paar kurz eingestreuten Schlachtbildern abgehandelt wird, lässt man sich für den uninteressantesten Teil des Films, dem Showdown zwischen der Gant-Gang, die einen Überfall auf einen mit Gold beladenen Zug plant, und der Seite des Gesetzes unglaublich lange Zeit.
Mit diesen Unzulänglichkeiten muss man sich den ganzen Film lang immer wieder rumschlagen und natürlich sollte man sich hier nicht auf geschichtsträchtige Faktendarstellungen verlassen. Die Bilderpracht und die Starbesetzung aber können dafür schon ein bisschen entschädigen. Die US-Stars jedenfalls geben sich hier wahrlich die Klinke in die Hand. Die einen kommen und gehen schneller als einem lieb ist, die anderen schaffen es zwei, drei Storylinien zu überstehen. James Stewart etwa verendet etwas gar lieblos und ohne dass man ihn nochmals zu Gesicht bekommt als Captain im Bürgerkrieg. John Wayne hat nicht mehr als ein paar Sätz zu murmeln und Gregory Pecks Charakter wird ebenfalls irgendwann, seine Villa wird versteigert, unter die Erde gebracht. Aber so ist How the West was Won, ein Vergnügen für Aug› und Ohr und wirklich nicht mehr. Womit wir bei der Musik wären.
Yiiippiieee-yai-yeaaaah
Was für ein Fest, das sich da Alfred Newman bot: Ein gigantisch aufgeblasener Western mit nicht allzu viel Tiefgang und viel Platz für die Musik. Dass man da „amerikanisch“ auf die Pauke hauen konnte, versteht sich von selbst. Newman schrieb eines der bekanntesten und schmissigsten Western-Themen („Main Title“) und platzierte es nach kurzen Einsprengseln in der „Overture“ über den Eingangstiteln. Und eine Vielzahl an Songs wie „A Home in the Meadow“ (das als Verbindung der verschiedenen Storystränge immer wieder, meist onscreen, zu hören ist), „The Eerie Canal“, „When Johnny Comes Marching Home“ und mehrere von Debbie Reynolds (die ein, zwei Mal zuviel das Tanzbein schwingt) gesungene Lieder sind prominent über den Film verteilt. Die „Entr’acte“ etwa besteht einzig aus kurzen Liedschnipseln (arrangiert von Ken Darby mit den Ken Darby Singers und den Whiskeyhill Singers). Sehr publikumswirksam aufgezogen und so versteht es sich von selbst, dass für lange Zeit es nur Soundtrack Auszüge auf Tonträger gab, die ein Mischmasch aus Liedern und Filmmusik enthielten. Rhino brachte 1997 eine Doppel-CD heraus, die endlich auch die Filmmusikfans zufriedengestellt hat!
Die DVD
Die in Fernsehausstrahlungen störenden Streifen in der Mitte des Bildes wurden hier so gut es ging entfernt. Damit macht das superbreite Bild einen noch wuchtigeren Eindruck. Es gibt allerdings Stellen an denen diese Streifen deutlicher sichtbar sind, während sie anderswo fast nicht zu sehen sind (abgesehen davon, dass die Filmemacher es oft geschickt arrangierten, Bäume oder Hausecken genau an diesen Stellen zu platzieren). Die Farben sind fantastisch, ebenso die Schärfe. Hie und da sind Artefakte, vor allem ein leises Bildrieseln bei hellem Hintergrund, zu erkennen. Die Tonspur wurde neu für 5.1 abgemischt, allerdings spielt sich eigentlich alles in den vorderen Lautsprecherbereichen ab. Dabei bekommt vor allem der Subwoofer einiges zu tun (die Zugszenen, die Büffelstampede beim Angriff der Indianer), während die hinteren Effektlautsprecher kaum was von sich geben.
Die 3-Disc Edition enthält neben dem auf 2 DVDs verteilten Film (mit Audiokommentar u.a. von Jon Burlingame) eine dritte Scheibe, die eine 90 minütige Doku über das Cinerama Verfahren enthält. Ein bisschen mehr Hintergrundinfos zum Film wären durchaus interessant gewesen. Ansonsten aber ein schönes Set.
Phil, 22.2.2009
HOW THE WEST WAS WON R: John Ford, George Marshall, Henry Hathaway D: James Stewart, Gregory Peck, George Peppard, Debbie Reynolds u.a. Musik: Alfred Newman Verleih: Warner Home (3-Disc Special Edition)