Hollywood in Vienna (bluray)

2013 konnte James Horner in Wien den Max Steiner Film Music Achievement Award in Empfang nehmen und sich damit zuvor ausgezeichnter Komponisten John Barry, Howard Shore, Alan Silvestri, Lalo Schifrin anschliessen (2014, 15 und 16 erhielten den Preis Randy Newman, James Newton Howard und Alexandre Desplat).
Horner zu Ehren wurde ein Konzert mit dem erprobten ORF Radio Sinfonie Orchester plus Chor unter der Leitung von David Newman, seines Zeichens selbst umtriebiger Filmkomponist, im wunderschönen Wiener Konzertsaal gegeben. Ein Konzert mit Musik von James Horner? Für den ein oder anderen dürfte damit ein Bubentraum in Erfüllung gegangen sein. Doch leider konnte man sich in Wien nicht dazu durchringen, dem Komponisten einen ganzen Abend zu schenken, erst der zweite Teil gebührte alleinig seinem Schaffen. Sehr, sehr schade.

Begonnen wurde das Konzert mit der von Bruce Broughton arrangierten „Hollywood in Vienna Fanfare“, der unverkennbar Max Steiners Gone with the Wind zu Grunde lag. Danach folgten zwei Stücke, die durchaus interessant sind, aber irgendwie nicht so richtig in dieses Konzert passen. Einerseits Gottfried Huppertz „Prelude“ aus Metropolis und „De la terre à la lune“ des Disney Park Stückes zum „Space Mountain“, geschrieben von Steve Bramson. Eine merkwürdige Wahl an so einem Abend unter dem Titel „Film Music Gala“. Danach folgte die Star Trek Suite, die innerhalb weniger Minuten gleich sechs Kompositionen aneinander reiht (Courages TV-Fanfare, Goldsmiths Star Trek: Voyager sowie Goldsmiths, Rosenmans, Eidelmans und Giacchinos Arbeiten zu den Filmen). Leider ist dieses Stück, trotz des formidablen Spiels der Wiener, so ziemlich der Tiefpunkt des Konzerts. Wieso man sich hier nicht auf eine Suite des Jerry Goldsmith Originals oder zum Beispiel Michael Giacchinos Score beschränkt hat, welche in solchen Versionen existieren, bleibt schleierhaft. Die Arrangeure wollten schlicht zu viel, tappen in die Falle des alles in einen Topf werfens und so fühlt sich die Suite wie ein missglücktes, ja fast amateurhaft aneinandergeklebtes Best-Of an.
Durchaus mal was anderes waren Michael Nymans „The Departure“ aus Gattacaund das wunderschöne „Where dreams are made“ aus A.I. von John Williams. Diesen Teil rundete schliesslich eine Suite aus David Arnolds Dauerbrenner Independence Day ab.

Doch kommen wir zum eigentlichen Leckerbissen – bei dem der Fan und bestimmt auch der Zuhörer, der über ein wenig Musikverstand verfügt, dennoch zwei, drei Mal zusammenzuckt. Begonnen wird der Horner-Teil mit dessen Universal Fanfare, die 1997 durch die wuchtigere aus Goldsmiths Feder abgelöst wurde. Das Stück ist schlicht zu kurz und so klatscht das Publikum schon wieder in die Hände, kaum hat es begonnen. Zweifellos hätte man diese Fanfare einem anderen Stück voransetzen können (falls, ja falls es in die Hände eines guten Arrangeurs gelangte). Knackig wird es dann mit Star Trek II: The Wrath of Khan, eigentlich einem der Höhepunkte des Konzertanlasses. Die off-Stimme zu Beginn jedoch war eher peinlich als „kreativ“ und wieder findet sich ein merkwürdiger Schnitt kurz vor Ende des Stücks. Einen Gang zurückgeschaltet wird mit den „End Titles“ aus Braveheart. Wunderbar, dass man sich entschied die Uillean Pipes live spielen zu lassen, die diesem Score ihren Stempel aufgedrückt haben.

Nun folgt wieder ein sehr unglückliches Arrangement aus sage und schreibe sechs Filmen, verpackt in eine Suite. Alleine Willow, Aliens und ganz bestimmt The Rocketeer wären gut genug für je ein eigenes langes Stück gewesen ohne den Zuhörer zu überfordern. So aber teilen sich diese das „Horner Medley“ mit A Beautiful Mind, Apollo 13 und Mask of Zorro und es harzt insbesondere an nicht allzu kreativ gearbeiteten Übergängen, und der Eindruck, jemand habe hier in itunes oder GarageBand ein paar Themen holprig zusammengeschnitten, kommt wieder auf. Das Vorurteil, eine Filmmusik würde keine eigentliche Entwicklung, keinen Aufbau zeigen, wird mit solcherlei Tun Tür und Tor geöffnet.

Kleine Aufsteller sind der Song „Somewhere Out There“ aus An American Tail, toll interpretiert von Jeremy Schonfeld und Deborah Cox (wenn es denn schon unbedingt Songs in einem Filmmusikkonzert sein müssen, dann wenigstens so), die fulminante Avatar-Suite (wow!) und das herrliche „The Ludlows“ aus Legends of the Fall. Unvermeidlich in einem James Horner Konzert: die Suite aus Titanic. Immerhin hatte Horner dafür den längst überfälligen Oscar gewonnen – notabene nicht für eine seiner besten Musiken, aber das ist ein ganz anderes Thema.
Es folgt die Präsentation des Film Music Achievement Awards an einen sichtlich gerührten James Horner, der bereits während des Konzerts einige Male eingeblendet wurde.

The Amazing Spider-Man ist zwar ein durchaus gelungener Spät-Horner, aber wie viele andere Präziosen hätte es doch gegeben, die der Film Music Gala gut gestanden hätten? Es seien nur Krull, Glory oder etwa Cocoon sowie wenn es denn neueren Datums hätte sein sollen auch For Greater Glory oder The Karate Kid genannt. Abgeschlossen wird der Abend schliesslich mit „If we hold on Together“ aus The Land Before Time, ohne Zweifel ein feiner Song, auch wenn eine Suite aus dem vielleicht gelungensten Horner-Score zu einem Animationsfilm wünschenswert gewesen wäre. Als Schlussbouquet eben.

Filmmusikkonzerte für zu Hause, in Bild und Ton, sind selten. Umso schöner, wenn man die Sammlung mit einem solchen ergänzen kann. Unglücklich, wenn ein Titel mit „The World of James Horner“ nicht so ganz dem gerecht wird, was dieser Mann erschaffen hat. Das ist denn auch die grosse Kritik hier, denn das Spiel, der Klangkörper der Wiener, das Ambiente und der Ton sind einmalig. Bei einem so professionellen Auftritt sollten sich die Macher aber wahrlich darüber Gedanken machen in Sachen Arrangements und Zusammenstellung des Programms über die Bücher zu gehen.

Als Erinnerung an einen ganz grossen Melodisten unter den Filmmusikern, als Erinnerung an einen Mann, der manchen von uns durch das Film- und Filmmusikleben begleitet hat, ist diese blu-ray eine schöne Sache und ich denke so sollte man diese Disc nehmen.

Phil, 11.11.2016

HOLLYWOOD IN VIENNA: THE WORLD OF JAMES HORNER

James Horner & div.

David Nemwan, Dirgigent
ORF Radio Sinfonie Orchester

Bluray, Varèse Sarabande