Damon and Pythias / I Predoni del Sahara

Bei der neuesten Veröffentlichung in Alhambras Lavagnino-Reihe handelt es sich um eine Premiere auf Tonträger. DAMON AND PYTHIAS (IL TIRANNO DI SIRACUSA) stammt aus dem Jahre 1962 und damit aus einer unglaublich produktiven Zeit des italienischen Komponisten. Allein in jenem Jahr hatte er ein Dutzend Filme vertont, darunter den ebenfalls von Alhambra veröffentlichten LA LEGGENDA DI FRA DIAVOLO und mit VENERE IMPERIALE zweifellos eines seiner Meisterwerke.

Die Erzählung von Damon und Phintias mutet wie der griechischen Mythologie entsprungen an, basiert aber höchstwahrscheinlich auf historischen Personen, die den vom Philosophen Pythagoras gegründeten Pythagoreer angehörten, einer Gemeinschaft, die grossen Wert auf Freundschaft und Solidarität legte. Obwohl der Film dem Peplum zugeordnet wird, hebt sich die internationale Produktion doch ein wenig von den üblichen Genre-Streifen ab. Zum einen sass mit Curtis Bernhardt ein Mann mit einigem Renommee auf dem Regiestuhl, zum anderen sucht man hier die gewohnten, gut eingeölten und heroische Taten vollbringenden Muskelpakete vergebens.

Das wirkt sich auch auf die Musik aus, die auf grosses Spektakel weitgehend verzichtet. Zwar gibt es ein grossartiges, nobles Hauptthema, das auch einem Herkules gut anstehen würde, hier aber dem Gedanken der Freundschaft Rechnung trägt. Lavagnino setzt es jedoch nur sehr sparsam ein, genau genommen bloss im «Main Title» und im «Finale/End Cast», sowie in einer elegischen Variante in «Damon Betrays Pythias ‒ Pythias Leaves».

Es ist aber nicht so, dass der Score auf dieses eine Thema angewiesen wäre, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Zu erwähnen sind hierbei zunächst unbedingt die beiden exquisiten Liebesthemen, das eine für Pythias und Nerissa, das andere für Damon und Adriana. In diesen Themen, wo sich vor allem Streicher und Holzbläser zwischen Okzident und Orient hin- und herbewegen dürfen, zeigt sich, wie unglaublich gefühlvoll sich Lavagnino im romantischen Bereich immer wieder auszudrücken vermochte.

Was für die Romantik gilt, gilt ebenso für Dramatik und Spannung, denn auch diesbezüglich zeigt Lavagnino grosse Meisterschaft. Generell etwas moderner gehalten als die romantischen Parts, dürfen hier vor allem Blechbläser und Perkussion ran, in letzterer Gruppe ist ab und an auch ein Klavier zu vernehmen. Diese Komponente der Musik verdichtet sich gegen Ende des Scores und hält als grossen Höhepunkt «Chariot Chase» bereit, wo Lavagnino ein Action-Feuerwerk par excellence zündet, dessen grosse Wirkung offenbar auch den italienischen Filmbossen nicht entging, da dieses mitreissende Stück für etliche nachfolgende, billige Peplum- und Swashbuckler-Produktionen immer wieder Verwendung fand.

Als Bonus werden die vier einzigen noch vorhandenen Tracks aus I PREDONI DEL SAHARA präsentiert. Der Film von 1965 handelt von einem in der Sahara verschollenen Archäologen, der von seinen Kindern gesucht wird. Auch wenn’s von den Lokalitäten her überhaupt nicht passt, erinnert das Hauptthema doch ein wenig an «Bali Ha’i» aus dem Rogers-Hammerstein-Musical SOUTH PAZIFIC. Dieses Thema wird in «Second Waltz» zu einem Walzer verarbeitet, während «First Waltz» wienerischer Natur ist. Eine nette kleine Angelegenheit, die man gerne nimmt, aber die Hauptattraktion dieser limitierten Edition ist und bleibt natürlich DAMON AND PYTHIAS, ein Score von sehr hoher Güte.

Da nebst der Musik auch die optische Präsentation und die kompetenten Liner Notes von Stefan Schlegel die hohen Erwartungen, die man von Alhambra diesbezüglich heutzutage hat, mühelos erfüllen, ist diese CD in jeder Beziehung ein echter Gewinn für die Lavagnino-Sammlung.

Andi, 20.12.2019

 

DAMON AND PYTHIAS / I PREDONI DEL SAHARA

Angelo Francesco Lavagnino

Alhambra Records A 9053

57:03 Min.
27 Tracks

Limitiert auf 400 Stk.