Als Agent bei der amerikanischen Einwahnderungsbehörde spürt Max Brogan illegal in den USA beschäftigte Einwanderer auf, die dann umgehend ausgeschafft werden. Bei einer Razzia steckt ihm eine junge Mexikanerin einen Zettel mit einer Adresse zu um ihm mitzuteilen, wo sich ihr kleiner Sohn befindet. Brogan bringt diesen zu seinen Grosseltern nach Mexiko, doch die junge Frau ist bereits wieder auf dem Weg zurück in die USA, unwissend wo ihr Sohn inzwischen ist. Parallel dazu stehen u.a. die persischen Eltern von Brogans Partner vor der Einbürgerung, während eine junge Australierin, die sich eine Rolle als Schauspielerin in einer Soap ergattern konnte, alles daran setzt, auf illegale Weise zu einer Green Card zu gelangen.
Weshalb Wayne Kramers Crossing Over bei den Amis komplett durchgefallen ist, wird einem spätestens bei dem Fall einer jungen Muslimin klar, die vor ihrer Klasse einen Vortrag über die Attentäter des 11. Septembers hält. Solche offenen Auseinandersetzungen und Betrachtungen der „anderen Seite“ der noch immer jungen Vergangenheit, die die grosse Nation längst in ein zweites Vietnam geführt hat, kommen beim US-Pubilkum eben gar nicht gut an. Es ist zweifelsohne diese Sequenz, leider aber auch die schwächste des Films, die Crossing Over sein schnelles Ableben an den Kinokassen bescherte.
Dennoch ist Crossing Over ein absolut empfehenswerter Film von brisanter Thematik zur ganzen Einbürgerungssache eines für viele immer noch oder seit Barak Obama wieder als das „gelobte Land“ angesehenen Staates, nicht immer ganz so reisserisch dargestellt wie die 9-11 Sequenz, wenn auch mit etwas zu viel Dramatik hie und da. Die einzelnen Geschichten sind ineinander verhängt, mit mehr oder weniger starken Berührungspunkten, also ganz in der Tradition so hervorragender Filme wie Grand Canyon und Short Cuts.
Ein ganz grosser Pluspunkt ist Harrison Ford, den ich seit langem nicht mehr so zurückhaltend und geschickt habe spielen sehen wie hier. Endlich beweist er mal wieder ein glückliches Händchen in der Rollenwahl – und dann geht der Film komplett flöten. Wirklich ein Riesenpech. Mit ihm auf gleicher Höhe als richtig eckliger Saftsack ist Ray Liotta in der Rolle eines Beamten, der Green Card Anträge bewilligt oder ablehnt.
Kleine Anekdote nebenbei: Kramer musste auf Geheiss der allmächtigen Weinsteins seinen Film um 40 Minuten kürzen, die ihm ansonsten androhten, sein Werk direkt auf den Videomarkt zu schmeissen. Da der Film auch bei uns kein gutes Enspielergebnis erzielte, ist kaum damit zu rechnen, je diese lange Version zu Gesicht zu bekommen.
Einwanderermusik
Mark Isham geht recht behutsam vor und gibt dem Film einen seiner bekannten sphärischen, in sich gekehrten Scores, nicht unähnlich dem Stil von Crash mehr mit Stimmung als Emotionsträger arbeitend als mit Melodien oder prominenten Themen. In der Art eben, die man von ihm kennt, die allerdings abseits vom Film nur die hartgesottenen Isham Fans schätzen werden. Am auffälligsten verwendet Isham hier die Gitarre, als mexikanisches Idiom, das aber für alle Einwanderer zu gelten hat. Durchaus gut gelöst. Zum Schluss findet Isham mit dem Orchester den richtigen Ton um die Dramaturgie des Films aufzufangen und setzt ein durchaus gelungenes Statement, das sich auch auf der CD gut macht. Diese funktioniert nachdem man den Film gesehen hat übrigens wesentlich besser.
Phil, 21.12.2009
CROSSING OVER Regie: Wayne Kramer Darsteller: Harrison Ford, Ray Liotta, Jim Sturgess, Ashley Judd, Cliff Curtis u.a. Musik: Mark Isham Verleih: Ascot Elite