Cheyenne Autumn (Intrada)

Alex North

Intrada Special Collection Volume ISC 362

CD 1: 
54:30 Min. / 25 Tracks

CD 2: 
57:47 Min. / 43 Tracks

Mit Ausnahme der atemberaubenden Landschaftsaufnahmen, die seine bevorzugte Location ‒ das Monument Valley ‒ ins beste Licht rücken, gibt es über John Fords letzten Western nicht allzu viel Löbliches zu berichten. Langfädig und unausgegoren, erzählt der Film die wahre Geschichte eines Cheyenne-Stamms, der von der US-Regierung bezüglich versprochener Ländereien hingehalten wird.

Zugegebenermassen lastet die Schuld nicht allein auf den Schultern des Regisseurs, der beispielsweise für die Rollen der Häuptlinge echte Indianer haben wollte, jedoch mit mexikanischen Mimen wie Ricardo Montalban und Gilbert Roland abgespeist wurde. Anderseits geht aber die ob ihrem Klamauk nicht wirklich zur ansonsten ernsten Thematik passende Dodge-City-Sequenz (mit Jimmy Stewart als wenig glaubwürdiger Wyatt Earp), die das Publikum davon abhalten sollte, während der Pause den Kinosaal zu verlassen (warum eigentlich?), voll auf Fords Kappe.

Wer sich mit den Western John Fords auskennt, weiss, dass der Regisseur musikalischerweise in der Regel weniger auf orchestrale Dramatik, sondern vielmehr auf alle möglichen, traditionellen Volks- und Kavalleriesongs schwor. Allzu verständlich also seine harsche Kritik an Alex Norths äusserst unkonventioneller Herangehensweise: «Es war ein schlechter Score und es gab unnötigerweise viel zu viel davon.»

Der geneigte Filmmusikfreund wird dies etwas anders sehen, denn dank North fungiert der Streifen wenigstens in Sachen Musik in den obersten Rängen der Ford-Western. Aber eben, wer vertraute Genre-Klänge à la Moross oder Bernstein erwartet, könnte hier bitter enttäuscht werden. Und wer zudem mit Alex North im Spartacus-, Cleopatra- oder Dragonslayer-Modus seine Mühe hat, der sollte zum Vornherein seine Finger von dieser Doppel-CD lassen.

Zunächst einmal ist zu notieren, dass North in seinem modern angelegten, oft recht dissonanten Score auf Violinen und Bratschen verzichtet. Dieser Umstand und eine grosszügig zum Zuge kommende Perkussion heben ‒ wohl als Folge von Norths der Komposition vorausgegangenen, ausgedehnten Studium indianischer Musik ‒ eine wohldosierte Urwüchsigkeit hervor; allerdings verwendet der Komponist keine authentischen Klänge, sondern vertraut seiner Intuition, selbige nach eigenem Gusto zu interpretieren. Nebst dem vielseitigen Schlagzeug ist es vor allem das kleine Blech, das sowohl mit offenen als auch gestopften Instrumenten durch nüchterne, man könnte auch sagen, anklagende Fanfaren für einen hohen Grad an Herbheit und Strenge sorgt.

Thematisch ist der Score eher sparsam angelegt. Das Hauptmotiv «Going Home» ist teilweise derart subtil verarbeitet, dass es nicht immer sogleich erkennbar ist. Konkreter ist da schon ein mit Melancholie durchzogenes, romantisches Thema für die von Caroll Baker verkörperte Quäkerin Deborah, und die Holzbläser, die sich ihm annehmen, verströmen dann doch einen durchaus nicht unwillkommenen Hauch traditionellen Western-Scorings.

Noch traditioneller wird es während der Dodge-City-Sequenz, wo drei Banjos und ein Klavier in bester Saloonmusik-Manier lüpfige Volksweisen anstimmen und zum Schluss das Orchester mit viel Schalk im Nacken Camptown Races zum Besten gibt. Auch wenn das äusserst gut gemacht ist und sich zudem ein paar Dissonanzen einschmuggeln, ist das Ganze doch ein ziemlicher Stimmungskiller im Vergleich zum Hauptteil des Scores.

Wie dem auch sei, das schmälert die Qualität ‒ die sich vor allem für diejenigen, die diesen intelligenten, sorgsam durchdachten Score noch nicht kennen, erst nach ein paar Hördurchgängen herauskristallisieren mag ‒ nur geringfügig. Und auch jenen, die schon seit Jahrzehnten die klanglich defizitäre und inkomplette Label-X-CD im Regal stehen haben, könnten hier die Ohren aufgehen. Das einzige, was man bei dieser Veröffentlichung bemängeln kann, sind die Extras, die hauptsächlich aus Indianer-Trommeln und Bugle-Calls bestehen, was sich niemand regelmässig antun dürfte, die aber eine zweite, in diesem Sinne eigentlich überflüssige CD erforderlich machen. Ansonsten jedoch wurde hiermit einem weiteren, vorzüglichen North Genüge getan, und das ist ja das Wesentliche.

Andi, 11.11.2016