Cat People: Music for the Val Lewton Films

Review aus The Film Music Journal No. 24, 2000

Würde man all jene Abonnenten, die bekennen, keine Filmmusik der vierziger Jahre zu sammeln, darum bitten, je einen berühmten Score von Steiner, Korngold und Rózsa zu nennen, so wäre immerhin eine recht gute Quote zu erhoffen. Bei Roy Webb hingegen läßt sich ein weitaus schlechteres Ergebnis prophezeien. Dabei war er in Hollywoods Glanzzeit der Chefkomponist des exquisiten Studios RKO, dem jedoch früher und nachhaltiger als MGM oder Columbia die Luft ausging, weshalb es Jüngeren heute nichts mehr sagt.

Webb schrieb Filmmusik der feinsten Art, und das für alle Genres. Mit Ausnahme eines gestrichenen Cloud Nine-Samplers gibt es davon so gut wie nichts zu kaufen. So darf die neue Marco Polo-CD als Glücksfall sondergleichen gelten, präsentiert sie doch in gewohnter Morgan-Stromberg-Qualität fünf Suiten in sehr guter Klangqualität, aber nah aufgenommen, so daß keine Konzertsaalakustik stört. Alle Filme sind Teil der legendären Val-Lewton-Mystery-Serie, die zwischen 1942 und 1946 neun Filme umfaßte, mit einer Ausnahme samt und sonders von Webb betreut. CAT PEOPLE, I WALKED WITH A ZOMBIE und THE BODY SNATCHER, die einzigen drei in Deutschland gezeigten Teile dieser Anthologie, sind dankenswerterweise auf der CD vertreten, dazu kommen BEDLAM und THE SEVENTH VICTIM, einer der finstersten Filme der ersten Jahrhunderthälfte.

Roy Webbs Musikstil fußt im 19. Jahrhundert, entzieht sich aber der naiven Schwelgerei seiner Kollegen, indem weniger schillernd instrumentiert, konventionelle Tonalität von moderneren Einschüben in Frage gestellt wird. Seine neobarocke Musik zu BEDLAM, im 18. Jahrhundert und einer psychiatrischen Klinik angesiedelt, weist Webb überdies als Kenner der historischen Musikstile aus, der sich nicht zu schade war, in den vierziger Jahren auch bei zeitgenössischen Komponisten wie Paul Hindemith in die Schule zu gehen.

Auf der CD beeindruckt zunächst die Suite zu CAT PEOPLE durch gedämpft-spätromantische Atmosphäre, die in THE SEVENTH VICTIM noch mehr ins Pessimistische umschlägt. Dieses Drama handelt von einer jungen Frau, die auf der Suche nach ihrer Schwester an eine unheimliche Sekte und selbst in CD-Kritiken höchste Gefahr gerät. Am Ende findet sie die Schwester, die jedoch alle Lebensgeister aufgegeben hat. In der letzten Szene des Films wird sie erhängt aufgefunden. Webbs «Main Title» zieht alle melodramatischen Register, und wer diesen dunkelmelodischen Stil schätzt, wird kaum etwas Besseres finden. Die übrigen Stücke hüllen sich in ihrem Trauerflor ein, verpackt mit chromatisch wuchernden Mittelstimmen und kurzen expressiven Gesten.

THE BODY SNATCHER beginnt mit einer elegischen symphonisch aufgepumpten Melodie im schottischen Volkston. Während die slowakische Sängerin für ihren anschließenden Edinburgh-Song das Peinlichkeitskreuz Erster Klasse am Band verdient hätte, zeigen sich die Symphoniker aus Bratislava diesmal in exzellenter Verfassung; erst recht in der letzten Suite, I WALKED WITH A ZOMBIE. Webbs Musik taugt nicht als Hintergrundkulisse für den Zeitvertreib, dafür ist sie zu dicht geschrieben. Ein glänzender Musikdramatiker, komponierte er vor allem atmosphärische Stücke, die von einzelnen Klangfarbeneffekten und einer vergleichsweise modernen Harmonik geprägt sind. Vielleicht gelingt es dem Produktionsteam, in einem zweiten Album auch noch die helleren Seiten Roy Webbs zum Leuchten zu bringen, die Abenteuer- und Westernscores?

Matthias  |  2000

CAT PEOPLE: MUSIC FOR THE VAL LEWTON FILMS

Roy Webb

Marco Polo

69:53 | 36 Tracks