Broken Arrow

Review aus The Film Music Journal No. 21, 2000

Ganz außerordentliche Musik! Ohne Frage einer der fünf besten Westernfilm-Scores, die ich je gehört habe. Hugo Friedhofer ist ja wie Alex North ein Künstler in between: ließ man ihn nach eigenen Vorstellungen gestalten, so gehörte er weder ganz zur alten Garde um Korngold und Steiner, für die er viel gearbeitet hat, noch schlug er wirklich eine Bresche, auf der dann Bernstein und Goldsmith weitermachen konnten. Sein Stil zeugte von großer musikhistorischer Bildung und dem Bemühen, sich von den Zeitkonventionen loszueisen. In mancherlei Hinsicht hatte er hier das passende Sujet gefunden.

So richtig genießbar ist BROKEN ARROW, dieser Western von 1950, nicht mehr. Damals allerdings leitete er eine Wende im Verhältnis zu den Indianern ein, die nun nicht mehr als tumbe „weißer Mann redet mit gespaltener Zunge»-Rothäute verunglimpft wurden. Wie vierzig Jahre später Kevin Costner in seinem bekanntesten Film, wurde ein freigeistiger Mann (James Stewart) ins Lagerleben eines Stammes integriert, um eine tragische Liebesbeziehung zu einer Indianerin zu zeigen. Aber wie immer bei solch rigiden Kursänderungen schlug auch hier das Pendel zu weit aus, produzierte reichlich Edelkitsch und sentimentale Aussetzer. BROKEN ARROW ist eher von historischer Bedeutung, weniger als künstlerisches Ereignis. Das gilt für alle Parameter – außer der Musik.

Hugo Friedhofer schrieb eine erstrangige Partitur, die mehr mit Alex Norths CHEYENNE AUTUMN – ebenfalls ein liberaler Indianerfilm – zu tun hat als den zeitgenössischen Heldenscores von Dimitri Tiomkin und Hans J. Salter. Abgesehen von einigen markanten Schnittstellen des Dramas verzichtet Friedhofer auf Pomp und Kriegstänze zugunsten lyrischer Kontemplation. Nicht der erhöhte Blick von der Felskante, sondern eher die Kamera auf Augenhöhe der Protagonisten scheint hier das Äquivalent zu sein.

Ein halbes Dutzend Themen trägt diese Musik, und vor allem die Holzbläser finden zu hinreißenden Klangkombinationen und niemals infantilen Melodiewendungen, die gezielt von Akkorden eingezäunt und dann wieder freigelassen werden. Der Musikologe William Rosar berichtet im ausführlichen Booklet über Friedhofers Werdegang und untersucht dessen Stilmittel. Doch auch ohne diese Hilfestellung bleibt die Großteils in frühem Stereo erhaltene Musik ein Juwel ihrer Art: ohne falschen Zierrat, individuell, sinnlich und immer wieder einfach nur: bildschön.

Überdies stellt sie dem Westernfan Rätsel: fünf Jahre später variierte Friedhofer für den thematisch eng verwandten Film WHITE FEATHER dieses Meisterstück und schuf so eine Art Traditionslinie für Westernfilmmusik mit Indianerschwerpunkt. Das Thema aus Track 20 («Covers») kehrt dort als «Main Title» wieder, und auch einige andere Stücke haben ein Nachleben gefunden.

Friedhofer selbst meinte, die Cinemascope-Fotografie des späteren Films habe seine Musik in ein völlig neues, feierlicheres Licht befördert. Zeit seines Lebens war er stolz auf BROKEN ARROW, neben THE BEST YEARS OF OUR LIVES (1946) wohl seine überragende Partitur. Nach drei Steiner-Scores und Tiomkins LOST HORIZON die fünfte und für sich genommen faszinierendste Edition der BYU Film Music Archives.

Die preiswerteste Anschaffungsmöglichkeit sei genannt, weil man bei Import über einen der üblichen Händler zuviel Geld hinlegt. www.screenarchives.com nimmt $25, weniger als die anderen, zumal Inhaber Craig Spaulding selbst die CD produziert hat. Billiger geht’s nicht, weil die Produktionskosten sehr hoch sind. Das Geld kommt dem Archiv in Utah zugute, um weitere Materialien zu sichern. Und so verdient das nicht-kommerziell ausgerichtete Projekt mehr als die Heimlabels der verschiedenen Filmmusikzeitschriften ein treues Publikum.

Matthias  |  2000

BROKEN ARROW

Hugo Friedhofer

BYU FMA HF 105

43:15 | 24 Tracks