Blog #2: Der Autokauf

Keine Angst, es geht hier nicht um mein Auto.

1993 flogen Jürg Zbinden und ich nach Kalifornien um einige Komponisten zu interviewen. Mit auf dem Terminplan standen auch Richard Kraft, Agent und Mitbesitzer der damaligen Kraft Benjamin Agency (mit Kunden wie Jerry Goldmith, Danny Elfman, Bruce Broughton, Basil Poledouris, Howard Shore und Rachel Portman) und Intrada in San Francisco. Die Story mit Bruce Broughtons Strassenatlas habe ich hier schon einige Mal zum besten gegeben.

Das pure Gegenteil erlebten wir mit dem geplanten Interview mit Richard Kraft. Als wir ankamen und eintraten, hiess es, «Richard is not in, sorry», wir verabredeten einen neuen Termin am darauffolgenden Tag. Ersatzprogramm war eine Mall bei Beverly Hills und Meer bei Santa Monica – ich muss gestehen, ich bin Meer-süchtig, als Alpenländler vielleicht verständlich und wo immer das Meer zu sehen war, musste auch ich hin, ausserdem hatten meine Füsse noch nie zuvor den Pazifik gespürt.

Nach einem ausgiebigen Ami-Frühstück, «sie essen ja nur Croissants, das ist zu wenig» meinte die Waitress und flugs gab es Steak mit Kartoffeln und viel Coffee, machten wir uns auf nach West Hollywood, nicht gerade eine kurze Fahrt von unserem Hotel, für Amis aber sicher bloss ein Katzensprung. Auto parkiert, wir vertraten uns die Füsse, gingen einen Kaffee trinken, was Ungesundes essen und fanden einen kleinen CD-Laden, der uns Filmmusikfreaks allerdings wenig zu bieten hatte. Die Zeit kam und wir stapften zur Agency. Die Assistentin liess uns rein und empfing uns mit «sorry, aber Richard ist ein Auto kaufen gegangen, ob wir warten wollten». Ja toll… wir warteten rund 60 Minuten bei Kaffee und Cookies, Mr. Kraft war nicht zu sehen.

Als Trösterli gab sie uns eine Ausgabe des Kraft/Benjamin-Samplers, der durchaus eine Zeit lang gesucht war. Uns konnte das allerdings wenig trösten, wir fanden es eher saumässig 2x an zwei Tagen versetzt zu werden. Aber hey, für ihn waren wir wohl zwei kleine Schweizer, die mit ihm ein Interview führen wollten und dabei vielleicht lästige Fragen stellen würden. Plus in Amiland kann es recht schnell passieren, dass man versetzt wird, wie die Erfahrung zeigen würde.

Zum «Trost» gingen wir tags darauf in den Universal Park, wo wir, nein, kein Spezialeffekt, ein kleines Beben erwischten – das tiefe Grollen werde ich nie mehr vergessen . «It was a small one», meinte die eine Angestellte. Zurück im Hotel, klaffte ein ziemlicher Spalt in unserer Aussenwand… so viel zu «a small one».

Phil | 06.10.24