von Phil
Man kann über den Film THE NOTHMAN mit Alexander Skarsgård, Nicole Kidman, Anya Taylor -Joy, Ethan Hawke und Claes Bang denken, was man will (schwacher letzter Akt, ein Übermass an Symbolik, üppig fotografiert trotz Dauergrau mit oftmals schönen, langen Einstellungen), musikalisch geht er leider den aktuell angesagten Weg und scheitert.
Der Film von Robert Eggers (THE WITCH) schreitet in den Fussstapfen von «let’s make it as real as possible». Vom ersten bis zum letzten Moment an machen uns die Komponisten Robin Carlan und Sebastian Gainsborough eines klar: Der Film spielt bei den Nordmännern, Wikinger und anderen (wie im Film dargestellt) barbarischen Horden aus dem Norden – als wäre das nicht bildlich klar genug eingefangen. Da wird feste getrommelt, die Talharga eingesetzt und aus tiefster Kehle guttural «kehlgesungen» damit der Zuseher ja nicht vergisst, wo wir hier sind! Das Phänomen ist nicht neu, es setzt sich derzeit öfters durch als ein Grippekäfer für Husten und Fieber sorgt.
Was man früher mit Einfliessen von Lokalkolorit mehr und weniger deutlich verarbeitete, streite, antönte, wird in THE NORTHMAN ohne jede Rücksicht oder wie es so schön heisst «in your face» musiziert. Blöd nur, wenn die emotionale Bindung zum Hauptprotagonisten allzu schnell, Achtung Spoiler, nach des Vaters Ermordung Flöten geht und dessen Rachefeldzug gefühlsmässig nicht berührt.
Sollte in jedem Schweizer Film um 1291 fröhlich gejodelt und in argentinischen Film stets der Tango zu hören sein, während spanische Filme mit Flamenco durchsetzt werden? Ich stelle mir vor THE MAGNIFICENT SEVEN wäre mit mexikanischer Folkmusik (die ich durchaus gerne mag) gescored oder FIRST KNIGHT und IVANHOE mit Musik aus dem Mittelalter unterlegt worden. Ganz zu schweigen von THE VIKINGS (Musik von Mario Nascimbene). Philippe Sarde hätte bei LA GUERRE DU FEU («Am Anfang war das Feuer») Knochen auf Tierfelle geschlagen als Hauptstimmung verwenden können, unvorstellbar oder?
So wie es die Macher durchgezogen haben nimmt man THE NORTHMAN die Seele und versteckt den Film hinter Authentizität, statt ihm mehr erzählerische Kraft zu geben. Eine verpasste Chance.
21.11.2024