Plötzlich erblindet ein Mann hinter dem Steuer seines Wagens. Von einem scheinbar zuvorkommenden Helfer wird er nach Hause gebracht, doch dieser klaut ihm den Wagen. Bei einem Augenarzt kann nichts anormales festgestellt werden. Doch auch der Arzt erblindet am nächsten Morgen. Gemeinsam mit seiner Frau, die bisher von der seltsamen Krankheit verschont wurde, ihren Mann aber begleiten will, werden die beiden in ein von der Aussenwelt abgeschirmtes Lager gebracht. Dort treffen sie auch auf den ersten Kranken und dessen Frau sowie den vermeintlichen Wagendieb. Alle haben ihr Augenlicht verloren. Die Krankheit scheint in höchstem Masse ansteckend. Immer mehr Blinde werden ins Lager geschleust und es beginnen die urmenschlichen Wesenzüge durchzubrechen: Chaos, Anarchie und Gewalt. Die Frau des Arztes, die ihre Sehkraft für sich behält, muss alles mit ansehen, bis sie sich entscheidet, dass diesem selbstbeschworenen Lagerregime ein Ende gesetzt werden muss.
(Zu) Viel Symbolik
Fernando Mereilles (The Constant Gardener, City of Gods) lässt seinen Film in irgendeiner Stadt irgendwo auf der Welt spielen. Ort und Zeit sind unwichtig. Der Beginn ist eindrücklich, wenn immer mehr Menschen erkranken, die Behörden hilflos sind und den Massen von erblindeten Opfern nicht mehr Herr werden. Grausam auch die Vorstellung, die Mereilles ziemlich deutlich zeigt, wie sich Menschen verhalten, die von gleich auf jetzt ihr Augenlicht verlieren und völlig hilflos werden.
Julianne Moore gibt mit Abstand die stärkste Performance aller Beteiligten ab. Sie muss sich durchbeissen und hilft den Kranken wo sie kann, immer auf der Hut sich nicht als Sehende zu verraten, auch in den Situationen wo es um ihr und das Leben einiger „Mitpatienten“ geht. Ein dankbarer Part. Dagegen fallen Mark Ruffalos mühselig-weinerliche Art und Danny Glover, den man hier recht seltsam besetzt und mit unpassenden Dialogen ausgestattet hat, doch ab. Die Anarchie, die Mereilles heraufbeschwört, hat fast apokalyptische Ausmasse. So grausam kann der Mensch sein, wenn er an den Rand der Existenz getrieben wird – das will uns Mereilles wohl zeigen. Sicher ist die ein oder andere Szene fragwürdig aber auch der Roman des Nobelpreisträgers José Saramago, auf dem der Film beruht, ist nicht unumstritten.
Mereilles packt das Thema hie und da geschickt an, aber in einigen Sequenzen gerät die Sache zu lang und zu bemüht, das Ende ist unpassend freundlich ausgefallen (wieder eine verpasste Gelegenheit). Zu viel Symbolik und ständig posaunte Standpunkte zur Menschlichkeit, so ist Blindness (oder Die Stadt der Blinden) mit seinen kalten, direkten und schonungslosen Bilder ein gerade passabler Film. An The Constant Gardener kommt Blindness aber bei weitem nicht heran.
Wo Score?
Die Musik vom mir bis dahin völlig unbekannten Marco Antono Guimaraes nimmt einen verschwindend kleinen Anteil ein, so scheint es jedenfalls im Film. Seine Musik beginnt mit einer lauten Geräuschkulisse, dass man fast Angst davor haben könnte, falls das musikalisch nun so weitergehen würde. Doch besinnt Guimaraes sich noch eines, naja, besseren und kommt mit einem Motiv daher, das er nun immer und immer wieder ohne merkbare Variationen zum besten gibt. Das hinterlässt einen sehr faden Eindruck und macht so gar nicht neugierig auf die bei Decca erschienene CD.
Phil, 1.5.2009
BLINDNESS R: Fernando Mereilles D: Julianne Moore, Danny Glover, Mark Ruffalo, Alice Braga u.a. Musik: Marco Antonio Guimaraes Verleih Impuls/Arthaus
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