Liberace war Amerikas Lieblingspianist: Schrill, laut, immer mit Leuchter auf dem Flügel und musikalisch vor allem immer „mainstream“ – seiner treuen und riesigen Anhängerschaft gefällt‘s. Ganz anders in seinem Leben, das ausschweifend, üppig, luxuriös und hinsichtlich seiner Beziehungen verschwenderisch ist. Erst als der blutjunge Scott auftaucht, bringt der Märchenkönig des Klaviers auch ein wenig Stabilität in sein Liebesleben, auch wenn Scott erstaunt ist darüber, dass Liberaces Fans scheinbar keine Ahnung über seine Homosexualität haben sollen. Wie sagt doch ein Freund Scotts so treffend: „Die Leute sehen nur, was sie sehen wollen!“
Die Geschichte des Films ist fast so schräg wie Liberace selbst: Im Jahr 2000 waren Regisseur Philip Kaufmann und Robin Williams als Liberace vorgesehen, doch dann ging der Film in den turn-around und es dauerte zehn Jahre bis das Projekt wieder handfest wurde, dieses Mal mit Michael Douglas in der Titelrolle und Steven Soderbergh als Regisseur. Doch Douglas‘ Krebserkrankung zwang die Macher zur Verschiebung der Dreharbeiten. Und kein Studio wollte sich gewinnen lassen, das Geld aufzuwerfen um den Film in die Kinos zu bringen – man hatte Angst, Liberace würde „nur“ Schwule in die Filmtheater locken (tja, so ist Hollywood) . Also kam Behind the Candelabra in den Staaten lediglich ins Fernsehen und somit war klar, dass Michael Douglas‘ famose Leistung nicht für einen Oscar nominiert werden konnte – was ohne jeden Zweifel verdient gewesen wäre. Seine Darbietung ist schlicht und einfach umwerfend, da gibt es kein Hauen und Stechen. Feines Schauspiel zieht sich durch den gesamten Cast (vielleicht mit dem ein oder anderen Abstrich bei Matt Damon), allen voran Dan Aykroyd als Liberaces Manager Seymour (fast nicht zu erkennen) und Rob Lowe in einer herrlich schrägen Rolle als Schönheitschirurg und Diätspezialist Dr. Stratz (ebenfalls, allerdings noch einen Deut bewusster, fast nicht zu erkennen…!).
Behind the Candelabra holte sich in Cannes bemerkenswert gute Pressestimmen ab. In Europa kam der Film denn auch in die Kinos, allerdings war ihm, wohl nicht zuletzt aus Ermangelung einer guten Werbestrategie, vielleicht auch weil Liberace bei uns weniger populär war, kein grosser Erfolg beschieden.
Soderberghs Film ist tragikomisch, oft voller Ironie, mit einem feinen Schuss schwarzem Humor ausgestattet und nicht selten ebenso opulent wie des Pianisten grausam kitschige Kleider, die den King des Rock oder den Deutschen König des Blings geradezu blass erscheinen lassen. Unbedingte Anguckempfehlung für dieses Kleinod mit Strass!
Trauriges letztes Kapitel in der turbulenten Geschichte des Films: Behind the Candelabra war Marvin Hamlischs letzte Musik. Der Komponist starb 2012 im Alter von 68 Jahren noch ehe der Film in die amerikanischen Stuben gelangte. Hamlisch arbeitete eng mit Music Supervisor Evyen Klean um die geeigneten Stücke aus dem Repertoire Liberaces auszuwählen und zu arrangieren. Score ist eigentlich so gut wie keiner zu hören und falls, wäre dieser hervorragend in den Liberace-Sound eingearbeitet. Die CD jedenfalls, bei Warner erschienen, enthält nur Liberace Nummern und Arrangements und wenn ich mich richtig erinnere, meine ich in einem Interview mit Klean gelesen zu haben, dass „kein Score im Film“ sei.
Phil, 18.3.2014
BEHIND THE CANDELABRA (Liberace) R: Steven Soderbergh D: Michael Douglas, Matt Damon, Dan Aykroyd u.a. Musik: Marvin Hamlisch Verleih: Ascot Elite, bluray (CH)
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