Die Superheldenverfilmungen bestimmen seit Jahren die Einspielergebnisse an den Kinokassen und jagen sich gegenseitig regelmässig Boxoffice-Rekorde ab. Dass viel Umsatz im Kino längst nicht für Qualität spricht, ist bekannt. Aber wie die Studios, einerseits Disney, andererseits Warner, alles daran setzen die Comicswelle weiter wie eine Zitrone auszupressen, ist beeindruckend und fragwürdig zu gleich (alles und jedes wird zu Geld gemacht), ebenso wie die Tatsache, dass das Publikum nicht müde wird ob der immer gleichen formelhaften Storys: Man nehme Superheld xy und setze ihn in sein Superheldenuniversum aus massig CGI und haufenweise Action bis einem die Augen bluten. Wie immer gibt es auch in diesem Genre Ausnahmen, die aber auch nur die Regel bestätigen.
Keine Ausnahme ist AQUAMAN, den wir bereits in BATMAN VS. SUPERMAN und JUSTICE LEAGUVE zu sehen bekamen, nicht unbedingt zur Freude aller («Aquaman sucks» ist nicht nur eine vorherrschende Meinung in BIG BANG THEORY). Ein schwimmender Superheld, der auch abseits seines nassen Elements hervorragend überleben kann, sorgt nicht unbedingt für Jubelstürme, das scheinen die Macher erkannt zu haben und setzten in seinem ersten Soloauftritt vor allem auf «total cool» und lockere Sprüche à la THOR. Allerdings funktioniert das im mit 2 Stunden 20 Minuten überlangen Abenteuer des Wassermanns nicht wirklich, im Gegenteil, es wirkt manchmal recht peinlich, und Jason Momoa hat das Problem so mancher Superheldendarsteller, er ist alles andere als ein wirklich guter Schauspieler, alle die das gruselig schlechte CONAN Remake gesehen haben, wussten das bereits. Sind denn auch die Dialoge stupid und tut die Story dem gesunden Intellekt weh, dann wird es auch mit einem Marvelfilm nicht gerade leichter in dem die Philosophie «alles ist möglich und nichts ist logisch» vorherrscht.
Da wäre noch die Sache mit den Unterwasserwelten (BLADE RUNNER lässt grüssen) und den teils wirklich saumässig animierten Meeresbewohner wie Haie, Riesenseepferde, Wale… über FINDING DORY Animiation (och, hübsch… sieht richtig fein nach Animationsfilm aus) kommt AQUAMAN nicht hinaus – und Himmel, ist die Sizilien-Sequenz mit Black Manta missraten – ein Fall für die Abteilung «deleted scenes».
Die Musik passt sich dem Film an. Rupert Gregson-Williams Score erfuhr nach einem Normalorelease bald schon eine verlängerte 2-CD Veröffentlichung. Doch der Film genügt längst, um eindeutig beurteilen zu können: Diese krude Mischung aus laut, Technosynthie-«Gewrabbel», musikalischer Sinnlosigkeit und Vermischung von Stilelementen ist für die Ohren ärgerlich und rechtfertigt wirklich keine verlängerte Edition.
HELLBOY ist eines jener zahlreichen Reboots, die die Welt eigentlich nicht braucht. Für jeden erfrischenden SPIDER-MAN gibt es dutzendweise Griffe in die Keramikschüssel auf dem Örtchen (FANTASTIC 4, TOTAL RECALL, GHOSTBUSTERS, KARATE KID, ROLLERBALL, SUPERMAN usw. usf.). Hier herrscht Einigkeit, eigentlich ist der gemeine Filmegucker der ganzen Remake- und Rebootmanie längst überdrüssig. Doch das hält die Gewaltigen der Studios nicht davon ab weiter an der Allesneueistgut-Kurbel zu drehen. Auch HELLBOY wurde in eine Totalauffrischung geschickt, obwohl sich Benicio del Toro als auch Ron Perlman erfolglos dafür einsetzten einen dritten Teil folgen zu lassen. Die Quittung erhielt das Studio sofort: Schlechte Kritiken und ein miserables Einspielergebnis. Dabei ist der Film nicht durchgehend schlecht und zweifelsohne nicht schlechter als ein AQUAMAN, der sage und schreibe über 1 Milliarde Dollar weltweit eingeheimst hat. HELLBOY hat sogar Qualitäten, die AQUAMAN gutgestanden hätten: Bisschen mehr Ernsthaftigkeit, ein anständiges Altersrating und Zurückfinden zum Ursprung, der bei HELLBOY die Grenzen zu Düsterem und Makabrem auslotet. David Harbour aus der ganz guten (aber überschätzten) Netflixserie STRANGER THINGS ist ein gelungener Höllenjunge und Ian McShane ist immer gerne gesehen, das wär’s aber schon. Oje, und die Faust, diese Hellboyfaust, sieht erschreckend billig aus, wenn Harbour sie trägt als wäre sie ein extrem störendes Anhängsel. Zum Schluss ein paar Worte zur Musik. Marco Beltramis Scores zu beiden Del Toro Filmen waren nicht umwerfend und sicher nicht genial, aber doch anständige Filmmusiken. Benjamin Wallfischs Musik zum Reboot ist im besten Sinne nichts Neues, im schlechtesten Sinne wahnsinnig unoriginell: E-Gitarren-Motiv für den Helden, Heavy Metal Einflüsse, unnachgiebige Orchesteraction gepaart mit viel Drum und Dran. Nichts neues im Westen was man nicht genau so erwartet hätte.
Phil, 21.8.2019