Nachdem ich das Tracklisting der CD gesehen habe, bestellte ich die bluray Disc blind. Dave Grusin wiedermal „live“ zu sehen, das lasse ich mir doch nicht nehmen. Umso grösser dann die Enttäuschung, denn so wunderbare Sachen wie Suite from Milagro Beanfield War sind nicht oder ein Fratelli Chase und Memphis Stomp nur halb auf der bluray (anders als auf der CD). Wieso auch immer man die bluray Ausgabe gegenüber der CD (Rezension folgt) gekürzt bzw. verändert hat, ist mir ein Rätsel. Die Bilder und Aufnahmen dazu bestehen, wie man in den Extras sehen kann und die Einspielungen sind nicht alles andere als misslungen. Und gerade von Milagro exisitiert ja bisher keine Konzerteinspielung, schon gar nicht bildich festgehalten. Was für eine Ernüchterung. Dann die geschnittene Fratelli Chase Version aus Goonies über den Anfangstiteln und die Kurzvariante des The FirmSolos über den Schlusstiteln. Schade, schade, schade. Demgegenüber fehlt auf der CD u.a. It Might Be You aus Tootsie…!
Filmmusikalisch bleibt also nur noch das wohlbekannte, aber wunderbare On Golden Pund/Hornpipe Medley, von Grusin und dem Orchester herrlich gespielt.
Das ist aber noch nicht alles. Viele der Stücke werden auch noch von Kommentaren von Sängern, Produzenten & Co. gestört. Anstatt diese vor oder nach dem jeweiligen Stück zu plazieren, legt man sie über die Musik. Wirklich sehr ärgerlich.
Man kann nur darüber spekulieren, aber sicherlich wurde die bluray für das breite Publikum produziert und irgend ein Producer hat sich da zu einer Entschlackung entschieden. Kreativ ganz sicher der falsche Entscheid.
Die Interpretationen sind alle durchaus gut bis sehr gut gelungen. Nebst Bekanntheiten wie Patty Austin und Jon Secada sind grossartige Instrumentalartisten wie Arturo Sandoval (Trompete, Flügelhorn), Nestor Torres (Querflöte) und Gary Burton (Xylophon) zu hören. Diese geben bekannten Titeln wie Peter Gunn, Maria und Cool (aus West Side Story) oder Makin’ Whoopee (The Faboulus Baker Boys), nebst den typischen, jazzigen Arrangements von Dave Grusin, ihren ganz besonderen Touch.
Wer sich nun fragt was Titel wie West Side Story oder Peter Gunnbei Dave Grusin zu suchen haben, dem sei gesagt, dass der bald 77jährige in den 90ern seine West Side Story Version auf CD und DVD herausbrachte, ebenso wie später ein Mancini-Tribut-Album (Two for the Road) mit diversen Stücken aus bekannten Mancini Scores, denen er seinen unverkennbaren Touch verlieh. Mancini ist denn auch das Zauberwort auf An Evening with Dave Grusin, denn Grusin dirigiert hier das Henry Mancini Institute Orchestra, aufgenommen in Miami. Mancinis Tochter Monika gibt ausserdem Moon River zum Besten. Zur Komplettierung hier noch die weiteren Titel der bluray: Bess, You is my Woman, I Love You Porgy (Gershwin, Porgy & Bess), Somewhere und America (West Side Story).
Das Konzert wurde von Larry Rosen, langjähriger Begleiter von Grusin und Partner des vor längerer Zeit verkauften Lables GRP, produziert. Tontechnisch (man kann zwischen vier Tonformaten auswählen) ist das Präsentierte von allererster Güte, auch optisch weiss die bluray Scheibe zu gefallen, wenn auch bei einem Konzert das Bild nicht unbedingt das wichtigste Element sein dürfte.
Ich hätte mir, natürlich, mehr Filmmusik gewünscht und vielleicht den ein oder anderen von Grusins Jazztiteln wie Mountain Dance, zum Beispiel mit Orchesterarrangement. Das wäre doch was gewesen. So aber wie dieser „Abend mit Dave Grusin“ gestaltet ist, bleibt mehr Enttäuschung als Freude übrig. Hier wurde eine Riesenchance verpasst etwas wirklich einmaliges auf die Beine zu stellen.
Phil, 19.6.2011
AN EVENING WITH DAVE GRUSIN 12 Tracks Verleih: Jazz Roots
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