Oder wie man eine «Legende» kaputt filmt…
Nach dem bemerkenswerten FIRST BLOOD (1982) war, zugegebenermassen, storymässig nicht mehr viel los mit RAMBO. Mit FIRST BLOOD PART 2 machte Sylvester Stallone den damaligen Präsidenten Ronald Reagan total happy. Mit RAMBO III klagte man die sowjetische Invasion in Afghanistan an, allerdings mit wenig neuen Ideen – und von Sozialkritik und politischen Stellungsnahmen war die RAMBO-Sache nach dem ersten Teil eh abgehackt. Mit RAMBO versuchte der gute Sly den inzwischen müden Kriegshelden wiederzubeleben. Das ist nun auch schon wieder 11 Jahre her. Ach, hätte Rambo sich damals doch lieber endgültig zur Ruhe gesetzt. Mit RAMBO: LAST BLOOD setzt er der Fünfologie das unnötige Krönchen auf.
Rambo hat auf einer Ranch nahe der mexikanischen Grenze scheinbar seine Ruhe gefunden (ja klar…). Nur sein ergiebiges Tunnelbauen und der verdiente unterirdische Schlaf weisen auf seine kaputte Psyche hin. Die wird hart getestet als Gabrielle, die für ihn wie eine Tochter ist, in Mexiko in die Hände eines Frauenhändlerrings gerät. Rambo sinnt auf Rache (ja klar…).
Das ist es denn auch was die Story anbelangt: Vermutlich eines der kürzesten Drehbücher aller Zeiten, das auf 101 Minuten aufgeblasen wurde. Die Charaktere sind richtig arg klischeehaft eindimensional, einzelne werden irgendwie in die Geschichte geworfen, wieso und weshalb scheint egal und die Dialoge haben Kopfschüttelniveau. Bleibt nur noch die Action. Die ist bei RAMBO doch immer allerfeinste Sahne, oder? Nein. Hier in LAST BLOOD geht es eigentlich nur darum möglichst brutale Kills und davon unzählige zu zeigen. Da spritzt das Blut, da rollt der Kopf. Es fliegt das Gedärme, vom Gehirn ganz abgesehen. Wer darauf steht und wem alles andere egal ist, der könnte hier sogar auf seine Kosten kommen.
Romanautor David Morrell hat sich übrigens öffentlich von diesem Film distanziert, der notabene für 8 Razzies nominiert wurde (Film, Regie, Drehbuch, Schauspieler…).
Ich fand es fürchterlich und dumm. Bleibt die Frage, ob das nicht zu erwarten war? Doch, eigentlich schon. Sylvester Stallone ist inzwischen 73jährig, scheinbar topfit und sauber operiert. Sein Drehbuchoscar für ROCKY war eine unerreichte Ausnahme, sonst haben Slys Stories und Drehbucheingriffe wirklich wenig Neuland erklommen, geschweige denn Qualität. Mit LAST BLOOD treibt man es auf die (Messer)Spitze. Übrigens ist der Europacut 10 Minuten länger ausgefallen, mit einem Intro, in dem man Rambo als Retter in der Not zu sehen bekommt. Und musikalisch? Brian Tyler hat sein eigenes RAMBO Thema erschaffen. Dieses und die Endlosschleifen aus der bekannten Rhythmuskiste in den vielen Actionszenerien übertrifft Tyler aber eindeutig mit jenem schönen Moment, in dem er Jerry Goldsmiths FIRST BLOOD Trompetenthema ausführlich in einer Szene, in der Rambo zu Pferde einige Westernreittricks zeigt, verwendet. Ja da kommt selbst in diesem Machwerk wohliges Hühnerhautfeeling auf. Auch Goldsmiths Actionthema aus Teil 2 spielt Tyler hie und da an.
Phil 8.2.2020
RAMBO: LAST BLOOD
R: Adrian Grunberg
D: Sylvester Stallone, Adriana Barraza, Yvette Monreal u.a.
Musik: Brian Tyler
Vetrieb: Ascot Elite (CH)