Phils komprimierte 43

VICE ist eine herrliche, schwarzhumorige Satire mit dem Stückchen Wahrheitsgehalt, das uns Erschaudern lässt davor, wie simpel gestrickte Machthaber manipulierbar sind. Man muss sich nur den richtigen dafür aussuchen, der dann auch noch gewählt wird.
Grossartig gespielt und teilweise irrwitzig inszeniert – passend zu den 8 Jahren in denen ein einfältiger Präsident an der Macht war. Christian Bale als Dick Cheney ist schlicht umwerfend gut (und einiges besser als Rami Malek als Freddy Mercury in BOHEMIAN RHASPODY), Amy Adams (Cheneys Frau), Steve Carrell (Rumsfeld) und Sam Rockwell (Bush) stehen ihm in nichts nach. Einer der besten Filme des Jahres, 8fach Oscar nominiert und gelungener als Oliver Stones W, die gleiche Zeitspanne bemühend. Leider wurde Nicholas Britells herrliche Musik von der Academy übergangen, hat sich aber zum Filmmusik-Insidertipp gemausert. Sein durchdachter und toll gemachter Score ist eine wichtige und richtige Beigabe zu VICE. Meines Wissens ist die Musik allerdings bisher nur als Download zu haben, leider.
Erscheinungsdatum 26.6.2019

 

 

Yorgos Lantimos THE FAVOURITE – mit «u» – ist ein weiterer «must see» Film dieses Jahres, der aus unseren Kinos so schnell verschwand wie ein Eis im Sommer schmilzt. Das Intrigenspiel um Queen Anne spielt im frühen 18. Jahrhundert und präsentiert gleich drei Mal Schauspiel vom Feinsten: Emma Stone, Rachel Weisz und die wundervolle Olivia Coleman, eine britische Schauspielerin, die man vor allem aus TV-Serien wie THE NIGHT MANAGER und BROADCHURCH kennt, ranken sich um die Vorherrschaft im mit Frankreich im Krieg befindlichen Königreich. Das fein und nicht protzig inszenierte Kostümdrama zeigt die Um- und Untergebenen einer schwachen Königin als fiese Machtmenschen, die nur ihren eigenen Vorteil suchen. Parallelen zur heutigen Zeit und anderswo zu suchen nicht ausgeschlossen.
Auch die Musik spielt in THE FAVOURITE eine (ge)wichtige Rolle, hier ist es die Mischung aus Kompositionen jener Zeit und sound design mit akustischen Instrumenten, wahrscheinlich hie und da elektronisch bearbeitet, die den Score besonders und zum Film überraschend passend macht.
Toller Film, saumässig gut gespielt!
Erscheinungsdatum: 23.5.2019

 

 

GREEN BOOK hiess der überraschende «beste Film» der Oscarverleihung 2019. Viele hatten ROMA und BOHEMIAN RHAPSODY vorne gesehen, manche befürchteten gar BLACK PANTHER könnte gewinnen und einige erwarteten, Spike Lee würde es dieses Mal (mit BLACKkKLANSMAN) endlich schaffen – immerhin reichte es zum Drehbuchoscar. Nein, zur grossen Überraschung setzte sich tatsächlich Peter Farrellys Film durch, der in der Sparte Regie nicht nominiert war. Wieder so eine komische Posse um das Goldmännchen. GREEN BOOK ist eine Art Roadmovie, ein bisschen à la DRIVING MISS DAISY mit umgekehrten Vorzeichen. Viggo Mortensen ist der Weisse, der den schwarzen Künstler (Mahershala Ali) auf seiner Konzerttournee in den Südosten der USA begleiten und als Aufpasser walten soll. Es sind die frühen Sechziger Jahre und die Rassendiskriminierung hat man «dort unten» immer noch nicht hinter sich gelassen, auch wenn man in gewissen Kreisen so tut.
Der Film hält insbesondere dank Viggo Mortensens Spiel einige Schmunzler bereit und Ali gibt den etwas abgehobenen, aber einsamen Pianisten als Gegenpol zu Mortensens italoamerikanischem, rohen und ungehobelten Charakter. Eine besondere Freundschaft eben. Der Film ist etwas zu lang und berechenbar geraten, das Ende hätte gerne anders ausfallen dürfen. Aber ein netter, witziger und manchmal auch nachdenklich stimmender Film ist Farrelly hier auf alle Fälle gelungen.
 Erscheinungsdatum: 19.6.2019

 

 

In THE WIFE begleitet Joan ihren Mann, den Schriftsteller Joe Castleman, an die Verleihung des Nobelpreises. In Stockholm holt sie mehr und mehr die Erinnerung an die ersten Begegnungen mit ihrem späteren Ehemann, ihr Leben mit ihm und ihr Wirken als Autorin ein.
THE WIFE ist mit Glenn Close und Jonathan Pryce toll besetzt, beide holen das Beste aus dem leider zu vorhersehbaren Stoff heraus und heben Björn Runges Film auf ein gutes Niveau. Erstaunlich schlecht weg kommt dagegen Max Irons als Sohn David, klischeehaft, hölzern. Close und Pryce ist zu verdanken, dass der Zuschauer sein Interesse wahrt. Glenn Close ging nach ihrem Golden Globe Gewinn als Favoriten ins Oscarrennen, unterlag da aber Olivia Coleman.
Jocelyn Pooks gediegene Musik für Streicher und Klavier weiss durch ihre unaufdringliche Art zu gefallen, sie begleitet weniger die Spannung der Protagnisten als Glenn Close und die zunehmende Traurigkeit, die sie einnimmt.
Erscheinungsdatum: 10.5.2019

 

 

Eine gewichtige Frage, die aber unbeantwortet bleibt: Wie heftig hat sich Jim Henson wegen THE HAPPYTIME MURDERERS im Grab rumgedreht? Melissa McCarthy ist eine Polizistin in einer Welt, in der Puppen und Menschen mehr oder weniger friedlich miteinander leben. Mit ihrem Partner versucht sie eine mysteriöse Mordserie aufzuklären, deren Opfer die Mitglieder der einst heiss geliebten Serie «Happytime Gang» sind.
Rüde, schräg, manchmal weit über den guten Geschmack hinaus gehend ist HAPPYTIME MURDERERES alles andere als ein fröhlicher Kindergeburtstag. Immerhin könnte man noch behaupten, Sex zwischen Puppen und Menschen sei nichts Neues… aber ob man das wirklich sehen will? Über die Dauer von 90 Minuten ist die ganze Sache wirklich sehr derb und kneifen ist hier erlaubt, ob dem was man so alles zu sehen bekommt. Christopher Lennertzs Musik hat es nicht leicht gegen die viele Songs, doch beides hat es nicht zur separaten Veröffentlichung geschafft.
Erscheinungsdatum: 28.2.2019

 

 

Phil, 14.7.2019