Dass Hitchcock nicht nur ein besonderer Filmemacher, sondern auch ein recht spezieller Mensch war, versucht Sacha Gervasis Film zu zeigen, der den stolzen Namen des Meisterregisseurs trägt. Er spielt 1959, im Jahr, in dem der Brite mit den auffälligen Bodymassen sich daran machte Psycho zu drehen. Dabei erhalten wir auch Einblicke in das Privatleben Hitchcocks, dessen Ehefrau Alma ihm filmisch mit Rat und Tat bei Seite stand.
Doch so ganz befriedigt der Film nicht. Da kratzt Gervasi, der als Regisseur bisher erst den hochgelobten Dokumentarfilm Anvil: The Story of Anvil hergestellt hat, ein bisschen an der Seele des Filmemachers, hier erzählt er von seiner nicht unproblematischen Ehe und Filmfans dürfen ihm bei der holprigen Produktion von Psycho, wenigstens in Ansätzen, über die Schulter blicken. Ein wenig werden die düsteren Seiten Hitchcocks beleuchtet und seine Besessenheit mit seinen meist blonden Hauptdarstellern, besser in Szene gesetzt ist jedoch sein zynischer, manchmal verletzender Humor. Nach 95 Minuten sitzt man schlussendlich leicht verdutzt und nicht sonderlich überzeugt vor dem High-Definition Bildschirm.
Ja, Hitchcock hat einige amüsanten Momente, nein, eine Biografie kriegen wir hier nicht zu sehen. Ja, Hopkins spielt gut, aber ob er wirklich der richtige für diese Rolle war? Unbestritten, er gibt sich redlich Mühe, natürlich, doch so ganz klicken will es, auch optisch, nicht. Es scheinen beinahe alle ausser Helen Mirren nicht ganz in ihre Rollen zu passen, wobei Scarlett Johansson als Janet Leigh (bei der Duschszene gibt sie allerdings alles) durchaus funktioniert, aber Jessica Biel als Vera Miles?
Für uns Filmmusiker bleibt natürlich die Szene mit Bernard Herrmann im Schneideraum haften, wenn Hitch, Benny und Alma darüber streiten, ob die berüchtigte shower scene mit oder ohne Musik besser funktioniert. Als Hitchcock schliesslich im Foyer des Premierenkinos Luftdirigent spielt, wissen wir längst, dass eine der unvergesslichsten Szenen der Film- und Filmmusikgeschichte fabriziert wurde.
Interessant wäre es nun die 2012er TV-Produktion The Girl zu sehen, die über Hitchs besondere Affinität zu Tippi Hedren während der Dreharbeiten zu The Birds erzählt. Bisher ist die DVD allerdings nur als Import erhältlich.
Danny Elfman hat vor 15 Jahren die Musik zum äusserst umstrittenen aber durchaus gut gemachten Remake adaptiert. Seiner Liebe zu Bernard Herrmanns Musik kann er hier, in Hitchcock, fröhnen, als nochmalige Adaption von Herrmanns Musik und als Hommage in seiner eigenen Komposition. In den Extras der DVD ist so eine Art ein Videoclip mit Aufnahmen der Einspielungen, ein paar kurzen Schnipseln von Elfman und Szenen aus dem Film zu sehen. Eine CD ist bei Sony/Fox Music erschienen, durchaus eine von Elfmans besten Arbeiten der letzten Jahre.
Phil, 21.6.2013
HITCHCOCK R: Sacha Gervasis D: Anthony Hopkins, Helen Mirren, Scarlett Johansson u.a. Musik: Danny Elfman Verleih: Fox (DVD)